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"musica viva"-Uraufführung mit Anna Prohaska Rihm kennt die Bandbreite meiner Stimme

Im Auftrag der BR-Konzertreihe "musica viva" hat Wolfgang Rihm seine "Requiem-Strophen" komponiert, die beim "musica viva"-Wochenende am 30. März uraufgeführt werden. Für einen der Soloparts hat der Komponist Anna Prohaska vorgesehen. Im Interview mit BR-KLASSIK gibt die Sopranistin Einblicke in das Werk und erläutert, was sie an Rihms Musik schätzt.

Bildquelle: BR/Astrid Ackermann

Das Interview als Audio

Anna Prohaska über Rihms "Requiem-Strophen"

BR-KLASSIK:  Frau Prohaska, Sie singen viel zeitgenössisches Repertoire und haben auch viel Erfahrung mit den Werken von Wolfgang Rihm. Was mögen Sie besonders an der Musik des Komponisten?

Anna Prohaska: Ich finde besonders die Bandbreite seiner Kompositionen spannend. Ich habe für meine Soldaten-Lieder ein Stück aus seinem Opus 1 aufgenommen: "Untergegangen" nach einem Text von Trakl. Das ist sehr aufbrausend und auch sehr atonal. Wenn man sich jetzt zum Beispiel die Requiem-Strophen anschaut, dann ist da etwas sehr melodisches, ein weites Klangspektrum, fast schon neoromantisch. Ich finde das wahnsinnig spannend, wie sich ein Komponist im Laufe der Jahrzehnte entwickeln kann.

Ich finde das wahnsinnig spannend, wie sich ein Komponist im Laufe der Jahrzehnte entwickeln kann.
Anna Prohaska

BR-KLASSIK: Es gibt großartige Komponisten, die ganz tolle Musik schreiben, aber nicht für Stimmen schreiben können. Häufig sagt man das Komponisten der Neuen Musik nach. Wie ist es denn bei Wolfgang Rihm, ist seine Musik schwer zu singen?

Anna Prohaska: Das ist eben genau das, was ich an seiner Musik so sehr liebe. Ich habe ja schon zwei Stücke von ihm uraufgeführt. Und obwohl die Sprünge oft sehr groß sind und es auch in die extremen Höhen geht, empfinde ich seine Musik trotzdem als Cantilenen geschrieben und überhaupt nicht gewalttätig gegenüber der Stimme.

BR-KLASSIK: Ist es hilfreich, dass er Ihre Stimme kennt und Sie schon zusammen gearbeitet haben?

Anna Prohaska: Das ist auf jeden Fall von Vorteil, weil er dann auch genau erkennen kann, wo sich eine Stimme wohlfühlt. Bei mir ist es zum Beispiel so: Ich habe diese ganzen spitzen Töne, aber ich würde mich jetzt nicht die ganze Zeit dort aufhalten wollen. Ich "wohne" sozusagen nicht dort wie vielleicht andere Koloratursopranistinnen, die gerne in den höchsten Höhen immer kleben bleiben. Ich gehe sehr gerne wieder runter, auch mal in eine Mezzo-Lage, weil man da besonders gut mit der Sprache arbeiten kann. Gerade diese Bandbreite im Ambitus finde ich besonders reizvoll und interessant. Das hat Wolfgang Rihm in meiner Stimme erkannt und das dann auch so geschrieben.

BR-KLASSIK: Bei den Requiem-Strophen gibt es eine Besetzung mit drei Sängern als Solisten: ein Bariton und zwei Soprane. Diese zwei Soprane singen dort sehr häufig miteinander.

Anna Prohaska: Wir singen genau den gleichen Text immer genau zur gleichen Zeit - oder ein bisschen versetzt. Das macht es besonders spannend und erinnert mich ein bisschen an mein Sirenen-Programm. Das wird dann sicher so klingen wie zwei Sirenen, zwei Meerjungfrauen, die mal hoch und mal tief singen und sich quasi gegenseitig wie zwei Schlangenlinien umschlingen. Und ich freue mich besonders darauf, endlich mal wieder mit Mojca Erdmann zusammen zu singen, nachdem wir als sehr junge Sängerinnen an der Komischen Oper schon mal Benjamin Brittens "Albert Herring" gemacht haben. Wir haben damals sogar eine Garderobe geteilt. Aber man kommt dann nur selten wieder zusammen, wenn man quasi ähnliches Repertoire singt. Deswegen ist es sehr schön, dass Wolfgang uns beide schon lange wieder zusammenbringen wollte.

Zwischen Fauré und Rihm gibt es eine emotionale Nähe.
Anna Prohaska

BR-KLASSIK: Wenn man als Komponist ein Requiem schreibt, steht man auch immer im Kontext einer bestimmten Tradition. Und Wolfgang Rihm kennt die Tradition natürlich sehr gut und hat ein besonderes Faible für das Fauré-Requiem. Ich habe gesehen, dass Sie das demnächst auch singen - bei den Salzburger Osterfestspielen. Würden Sie Rihms Requiem und Faurés Requiem in irgendeiner Art und Weise eine Nähe attestieren?

Anna Prohaska: Ich würde schon sagen, dass es da eine emotionale Nähe gibt, denn Fauré selbst steht ja auch sehr stark in der romantischen Tradition, obwohl er eher Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts seine Hauptwerke geschrieben hat. Von der Klangsprache her eher nicht. Interessant ist aber die Besetzung. Im Fauré-Requiem gibt es auch nur zwei Solisten, eine Sopranistin und einen Bariton. Wenn man die beiden Sopranistinnen in Rihms Requiem quasi als eine Stimme sieht, dann ist es sozusagen die gleiche Besetzung.

Das Interview hat Michaela Fridrich für BR-KLASSIK geführt.

Konzert-Info

30. und 31. März 2017, 20.00 Uhr
Herkulessaal der Residenz

Wolfgang Rihm:
Gruß-Moment 2 für Orchester (2016) in memoriam Pierre Boulez

Requiem-Strophen für Soli, gemischten Chor und Orchester (2016)
Kompositionsauftrag der musica viva des Bayerischen Rundfunks (Uraufführung)

Mitwirkende:
Mojca Erdmann, Sopran
Anna Prohaska, Sopran
Hanno Müller-Brachmann, Bassbariton
Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Mariss Jansons

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