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Gärtnerplatz-Intendant Josef E. Köpplinger Entertainment ist nicht einfach

Klassiker des Opernrepertoires, eine Uraufführung und ein ungewöhnliches Bernstein-Werk: Das Gärtnerplatztheater hat am Mittwoch seine Pläne für die Saison 2019/2020 vorgestellt. BR-KLASSIK sprach mit dem Intendanten Josef E. Köpplinger.

Regisseur Josef E. Köpplinger / Intendant am Gärtnerplatztheater | Bildquelle: © Christian POGO Zach

Bildquelle: © Christian POGO Zach

BR-KLASSIK: Herr Köpplinger, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch: 91,9 Prozent Auslastung, sechs Prozent mehr Abonnenten – das sind gute Zahlen. Die Leute mögen dieses Haus so sehr, da hat man nahezu freie Hand. Oder?

Josef E. Köpplinger: Ich glaube nicht, dass man machen kann, was man will. Das wäre zu einfach, aber wir machen es uns nie einfach. Das, was einfach scheint, gerade das Entertainment, ist in Wirklichkeit das Komplexeste und leider auch das Teuerste. Ich glaube, dass der Charme unseres Hauses primär von den Damen und Herren kommt, die auf der Bühne stehen. Wir haben so viel Publikumslieblinge, dieses wirklich hochkarätige Sängerensemble, das sorgt eigentlich für diese Zahlen. Wenn das Publikum uns so gewogen bleibt, dann sind wir optimistisch. Aber es ist gleichzeitig auch ein Ansporn.

BR-KLASSIK: Unterhaltungsliteratur ist teuer, wie sie gesagt haben. Haben Sie denn genug Geld?

Josef E. Köpplinger: Ich würde sagen, für die Kunst reicht es, aber das Drumherum ist eben auch sehr teuer. Ich bin immer ein kompromissbereiter Mensch gewesen, ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Aber man sollte nicht diskutieren, wieviel Geld für die Kunst übrig ist. Kunst ist das Einzige, was uns von der Barbarei trennt – deswegen sollte man sie hochhalten.

BR-KLASSIK: Ob Komische Oper in Berlin, Volksoper in Wien oder Staatsoperette in Dresden – für das kleinere Haus in den großen Opernstädten ist Abgrenzung immer wichtig. Am Gärtnerplatztheater laufen in der nächsten Saison mit "Rigoletto" und "Tosca" zwei absolute Kernstücke des Repertoires, auch für die Bayerische Staatsoper. Was machen Sie anders? Ist das Gärtnerplatztheater vielleicht konservativer und leichter zugänglich als das Regietheater der Staatsoper?

Josef E. Köpplinger: Ich glaube nicht, dass unsere Regiesprache weniger spannend ist. Das hat man bei der "Bohème" gesehen, die einen enormen Zuspruch bekommen hat. Es muss und soll ja eine Überschneidungsmenge zum Vergleich geben. "Tosca" ist immer spannend, denn es ist letztendlich ein intimes Stück. Es gibt das große "Te Deum" und einen Chor aus dem Off – der Rest ist ein Kammerspiel. Stefano Poda ist ein spannender, bebildernder Regisseur, der psychologisch sehr clever arbeitet und mittlerweile eine Weltkarriere gemacht hat. Wenn so jemand bei uns "Tosca" inszeniert, dann ist das allemal spannend. Unser Alleinstellungsmerkmal ist eben diese Selbstverständlichkeit: An einem Abend kann die Uraufführung einer Revue-Operette wie "Drei Männer im Schnee" stattfinden. Am nächsten Tag steht eine "Bohème" auf dem Programm, am dritten Tag ein wunderbarer Ballettabend, zum Beispiel von Marco Goecke mit "La Strada". Und dann gibt es noch "Martha" von Loriot. Diese Repertoirepflege auf höchstem Niveau gibt es sonst nirgends.

BR-KLASSIK: Im nächsten Jahr gibt es auch wieder eine Uraufführung, eine Oper über Franz Schubert vom Textdichter Peter Turrini, komponiert von Johanna Doderer. Und Sie spielen Bernsteins "Mass", eine Mixtur aus Musical, Happening und religiöser Zeremonie. Also zwei relativ wilde, unkalkulierbare Sachen, gepaart mit den Repertoire-Klassikern. Was aber ein bisschen fehlt, ist die Operette.

Josef E. Köpplinger Nun, sie fehlt nicht, es fehlt nur eine große Neuproduktion einer Operette. Wir haben uns entschieden, Bernsteins aufwendige "Mass" anzusetzen und genauso Operetten zu spielen, die bei uns im Repertoire sind. Wir haben 33 Solisten und Solistinnen, das ist nicht viel. Dann muss ich natürlich entscheiden, wie viele Gäste wir uns leisten können. Aber das hat jedes Theater, das hat die Staatsoper genauso, dort sind die Gagen nur höher. Und das muss auch so sein, denn sie ist ein elitäres Opernhaus. Aber auch wir sind in gewisser Hinsicht elitär.

Premieren am Gärtnerplatztheater in der Saison 2019/2020

  • Die Kluge (C. Orff), Premiere am 2. Oktober 2019
  • Der Messias (G. F. Händel), Premiere am 10. Oktober 2019
  • Tosca (G. Puccini), Premiere am 14. November 2019
  • Rigoletto (G. Verdi), Premiere am 30. Januar 2020
  • Salome Tanz (Ballett von E. Dadon), Uraufführung und Premiere am 28. Februar 2020
  • Schuberts Reise nach Atzenbrugg (J. Doderer/P. Turrini), Uraufführung und Premiere am 23. April 2020
  • Mass (L. Bernstein), Premiere am 18. Juni 2020


Das gesamte Saisonprogramm des Gärtnerplatztheaters finden Sie hier.

Sendung: "Leporello" am 10. April 2019 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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