Motivieren, leiten, organisieren - das gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Regisseurs. Und nicht zuletzt auch, trotz aller konzeptuellen Vorarbeit: improvisieren! BR-KLASSIK hat einen Vertreter dieses Berufsstands, Josef Köpplinger, am Münchner Gärtnerplatztheater bei der Arbeit begleitet.
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Köpplinger, in Personalunion Regisseur und Intendant des Münchner Gärtnerplatztheaters, hat rund 40 Akteure vor sich auf der Bühne und feilt mit hohem Engagement, humorvoll und dennoch unaufgeregt in der Klavierprobe an seinem Ensemble. Es geht um den Übergang vom zweiten zum dritten Akt der Paul Abraham-Operette "Viktoria und ihr Husar". Am 16. Juni 2016 ist Premiere in München. "Wir spielen das Stück ohne Pause", sagt Köpplinger. "Ob es eindreiviertel Stunden oder vielleicht zehn Minuten länger dauern wird, das wissen wir erst, wenn wir durch sind. Wir schaffen es aber auf jeden Fall innerhalb von zwei Stunden."
Ziemlich souverän, wie Josef Köpplinger das formuliert! Aber dazu benötigt es eine große Portion Erfahrung. Und wie in jedem anderen Beruf muss man erst mal klein anfangen. Eine direkte schulische Voraussetzung gibt es nicht; der Weg kann über ein Studium oder über eine Ausbildung im Theater erfolgen. Die meisten fangen als Praktikanten in freien Ensembles oder an kleinen Häusern an, einige arbeiten als direkte Assistenten bereits renommierter Regisseure.
Josef Köpplinger | Bildquelle: © Sarah Rubensdörffer Die Arbeit als Regisseur verlangt ein großes Durchhaltevermögen, Kreativität, Flexibilität und viel Organisationstalent. Denn mit dem Lesen eines Librettos oder der Partitur und der Entwicklung eines Regiekonzeptes allein ist es nicht getan. Der Regisseur muss künstlerische und technische Mitarbeiter motivieren, leiten und koordinieren, damit alles am Ende wie gewünscht umgesetzt wird, kurz: den Überblick behalten - und vor allem gut mit Menschen umgehen können. "Generell habe ich in meinem Regiebuch nichts stehen", erklärt Köpplinger. "Lediglich die Lichtstimmungen sind in dem Buch verzeichnet. Das verblüfft so manche, die dann glauben, ich sei nicht vorbereitet: Doch das bin ich, und zwar immer sehr gut - nur eben nicht im Sinne einer starren Vorbereitung. "
Wenn er merkt , dass es nicht geht, muss ein Regisseur sofort reagieren können.
Wichtig ist vor allem ein Gespür für Details, ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren: "Sie haben eine Szene gesehen, in der an die 40 Leute auf der Bühne waren, und am Abend kommen in der gleichen Szene noch mal 46 Damen und Herren unseres großartigen Opernchores dazu", erzählt der Regisseur. "Da schult sich zwangsläufig das Auge - oder ist das auch eine Begabung? Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem."
Großen Starkult als Musiktheaterregisseur erreichen nur wenige. Genau wie Josef Köpplinger sollte man schon von Leidenschaft angetrieben sein, aber Leidenschaft allein reicht natürlich nicht zum Überleben: "Also meine erste Gage, das war ganz einfach gar nichts", erinnert sich Josef Köpplinger. "Bei der zweiten habe ich drei- oder fünftausend Mark gekriegt, zusätzlich zu meinem laufenden Vertrag. Und wenn ich heutzutage einem Assistenten, der sein festes Monatsgehalt hat, eine Gage gebe, da kann man mit einem ganz kleinen Betrag rechnen. Das ist von Haus zu Haus verschieden - ich würde sagen, zwischen tausend und dreitausend Euro, für sehr viel Arbeit. Aber es ist wichtig, dass man die Demut nicht verliert und anerkennt, dass man etwas zusätzlich verdient. Die Spitzengagen die man heute so als Regisseur bekommt, liegen zwischen vierzig- und fünzigtausend Euro brutto - pro Produktion. Da sprechen wir jetzt von ganz großen Häusern."