Seine Bassstimme ist tiefschwarz. Seine Rollen gewinnen oft durch diese Düsterkeit. Doch gerade ist René Papes Schattenseite ins echte Leben rübergeschwappt: Der Sänger äußerte sich homophob. Entschuldigte sich kurz darauf, verwies auf Krankheit und auf dunkle Seiten. Reicht das?
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Vor einigen Jahren bei den Münchner Opernfestspielen: René Pape singt den Mefistofele in Arrigo Boitos gleichnamiger Oper. Papes Bass ist gut verständlich. Und trotz der tiefen Lage voller Ausdrucksvielfalt. Pape gestaltet die Teufelsfigur in dieser Oper faszinierend. Das Böse und das Charmante vermischen sich. Diese Gleichzeitigkeit ist die Art von Verführung, der man im realen Leben nicht erliegen sollte. Aber das hier ist Oper. Das ist nicht echt. Hier ist genau der Raum für die künstlerische Erfahrung solcher Grenzzustände.
Jetzt hat René Pape sich im echten Leben grenzüberschreitend geäußert. In den sozialen Netzwerken postete der Sänger einen Kommentar zur Beteiligung der Metropolitan Opera an der New Yorker Pride Parade. Er schrieb, nicht mehr an der Met singen zu wollen. Und warf der LGBTQ-Community vor, anderen Menschen vorschreiben zu wollen, wie sie zu sein hätten. Pape benutzt in diesem Zusammenhang Worte wie "hässlich" und "aggressiv". Seine Sätze sind wirr und unkonkret – und erfüllt von Überheblichkeit und Homophobie. Und plötzlich vermischt sich die Bühnenfigur mit den Aussagen des realen Menschen.
René Pape als Mefistofele an der Bayerischen Staatsoper, 2015 | Bildquelle: © Wilfried Hösl René Pape hat sich kurz nach diesen Entgleisungen für seine Äußerungen entschuldigt. Der Sänger erklärt, dass er seit Jahren mit Depressionen und Alkoholismus kämpft. Wählt Formulierungen, dass ihm hier etwas passiert sei, was eigentlich nicht zu entschuldigen ist. Er entschuldigt sich trotzdem mehrfach, und dann noch einmal explizit bei LGBTQ-Community. Ein dunkler Teil seiner selbst habe da aus ihm gesprochen. Ein Teil, auf den er nicht im Geringsten stolz sei. Pape kniet sich hin. Er legt seine Krankheiten offen. Er wirkt authentisch.
Das Dunkle auf der Bühne ist eine von Papes großen Stärken. Im echten Leben hat das Dunkle in ihm realen Schaden angerichtet. Die Grenze zur Realität aber muss Pape als Mensch und als Künstler ziehen. Doch nach einer schnellen und offenen Entschuldigung muss eine Gesellschaft dem Menschen im Künstler auch vergeben können.
Sendung: "Leporello" am 6. Juli ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (11)
Freitag, 08.Juli, 21:24 Uhr
Parmigiano
woke
Ich bin gay aber diese sinnlose amerikanische do and don't, ohne Respekt für die Wirklichkeit aber nur für das Form und die Rede, würden jeden nervös machen.
Freitag, 08.Juli, 12:23 Uhr
Silvia
Vernunft, Offenheit, Ehrlichkeit dürfen nicht sein
Dennoch: Respekt, Pape hat mein vollstes Verständnis. Wo er Recht hat, hat er Recht. Dass ihm Homophobie unterstellt wird, ist absoluter Blödsinn! Er hat vernünftige Ansichten, denn wer will diese ganzen Verrücktheiten, die sich in Queer und LGBTQ äußern, denn wirklich? Ich persönlich habe auch kein Verständnis, so etwas noch öffentlich zu fördern. Jeder mag leben wie er will, sofern er andere damit nicht belästigt. Aber dieses Thema ist mir schon lange über, und ich unterstütze ebenfalls keinen Kulturbetrieb (mehr), der sich bei diesem Thema andient und anbiedert.
Hut ab vor Pape!
Leider - wie bei Xavier Naidoo - dann die Entschuldigung. Wofür?? Tja, der Druck muss groß gewesen sein auf ihn, dass er sich so erniedrigt hat.
Wenn er zu einem Zeitpunkt "betrunken" gewesen sein sollte, dann wohl eher dann.
Freitag, 08.Juli, 10:57 Uhr
Musikjournalistin
Genannte Gründe sind keine Entschuldigung
Die von Herrn Pape genannte Gründe sind keine Entschuldigung für seine homophoben Äußerungen. Es zeigt nur, wie blind er für Bereiche außerhalb des Opernbetriebes ist. Es ist eine typische homophobe Anschuldigung,daß LGBQT-Menschen andere nerven und von ihrer Heterosexualität überzeugen wollten. Das ist totaler Unsinn! Es gibt nunmal verschiedene Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen-fertig. Kein Homosexueller hat mich je dazu gezwungen, meine Heterosexualität aufzugeben. Es gibt genug Beispiele im Klassikbetrieb von Musiker*innen,die kaum wissen, was sie mit ihren Aussagen und Tun bezwecken (Gerigev machte vor Jahren schon homophobe Aussagen, Netrebko hätte nicht im Kreml singen müssen etc.). Vor lauter durchaus schwerem Training für die Stimme/das Musizieren und Star-Sein vergisst manche*r die politische Bildung.
Freitag, 08.Juli, 10:46 Uhr
prdrjh
Pape / Kommentare
'Kindermund tut Wahrheit kund'! Und Alkohol trübt zwar den Blick, gibt aber oft einen unverfälschten Einblick in die Denk- und Verhaltensgrundmuster von Menschen. Da ändert auch eine schamerfüllte - oder schamheuchelnde - Entschuldigung nichts.
Mindestens genauso erschreckend finde ich aber auch die Grundhaltung, die hier aus den Kommentaren spricht. Sie verstehen nicht, daß ihre Freiheit, diese Äußerungen zu posten, auch die Freiheit für LGBTQ bedeutet, zu sein, was man ist.
Kultur ist was anderes.
Freitag, 08.Juli, 04:58 Uhr
Michael Schreiber
Warum sollte er sich entschuldigen ?
Der Artikel in Bayern Klassik setzt m.E. ein eingeschränktes Verständnis von Meinungsfreiheit voraus. Nur weil jemand Kritik an gesellschaftlichen Gruppen übt ist er noch lange nicht homophob.
Es gibt auch Menschen und Gruppen, die einfach Angst vor jeder Kritik haben und sich hinter sogenannten Grenzüberschreitungen verstecken wollen.
Donnerstag, 07.Juli, 17:16 Uhr
Roy black
Recht hat er, aber kein Rückgrat.
Donnerstag, 07.Juli, 16:23 Uhr
Nardya DOMNICK
René Pape
RENÉ PAPE hat bei der besagten Parade
offenbar Unfreundlichkeit erlebt. Das gibt
es doch.
Warum also soll er sich nicht unfreundlich
äußern ?
Muss man denn LGBTQ lieben, damit man weiterleben darf ? Ich hätte mich nicht
entschuldigt ??
Donnerstag, 07.Juli, 15:50 Uhr
Inge Geiger
Pape
Schade, dass sich in der heutigen Zeit viele Leute genötigt fühlen andere zu "bashen" und vergessen, dass Keiner ohne Makel ist.
Donnerstag, 07.Juli, 11:30 Uhr
Karl Kuba
Pape
Hätte er lieber geschwiegen.
Donnerstag, 07.Juli, 10:49 Uhr
Anschütz
Pape
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich schätze Ihre Seite sehr. Aber dieser Artikel über Pape ist doch reichlich unsubstanziell; ein guter Artikel zeichnet sich durch gute Recherche und das Aufzeigen des Sachverhalts aus. Die einfache Frage, was und wie hat sich Pape geäußert, wurde oberflächlich mit Stichworten umschrieben. Ich weiß immer noch nicht, was Pape geschrieben hat, was ist LBGQT. Argumente für die eine wie die andere Seite sind aufzuzeigen, abzuwägen etc. Wo bleibt die Diskussionskultur in ihrem Artikel. Das ist schlechter Stil und Journalismus. Leider ist man als Leser aufgrund der Oberflächlichkeit angehalten, die Sache kritisch zu hinterfragen, ist es dies überhaupt wert, gelesen zu haben und ob hier nicht wieder eine nächste Sau durchs Dorf getrieben wird.
Antwort von BR-KLASSIK:
Sehr geehrter Herr Anschütz, vielen Dank für Ihre Rückmeldung! Der Artikel, auf den sie sich bezieht, ist ein Kommentar und ist auch als solches in der Überschrift gekennzeichnet. Den Sachverhalt können Sie in den beiden Meldungen auf br-klassik.de, die dem Kommentar vorangegangen sind, nachlesen. Sie sind auch im Kommentar verlinkt. Herzliche Grüße, Ihr BR-KLASSIK-Team
Donnerstag, 07.Juli, 10:32 Uhr
Cameron Miandola
Rene Pape
Man kommt aus dem sich-Wundern nicht mehr heraus, offenbar ist in der gesamten Gesellschaft alles komplett durcheinander und verrückt - die Manipulation der Menschen zeigt immer mehr ihre Wirkung. Gestern noch empfand ich großen Respekt für Renè Pape, heute schon widerruft er. Was ist da los? Ist er unter Druck gesetzt worden? Warum entschuldigt er sich, ER HAT DOCH VÖLLIG RECHT?!!!