"Wir können nicht alles unendlich finanzieren." Das sagte Ministerpräsident Söder zur Finanzierung des schon lange geplanten Münchner Konzerthauses am Freitag. Ist das jetzt der Anfang vom Ende für das Konzerthaus?
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Nachdenken hat noch nie geschadet. Und auch eine Denkpause muss nichts Schlechtes sein. Dann jedenfalls, wenn es, wie Ministerpräsident Markus Söder feststellte, "um eine Pause zum Denken, nicht um eine Pause vom Denken" geht. Andererseits: Über einen neuen Konzertsaal in München wird seit mittlerweile fast zwanzig Jahren nachgedacht, intensiv sogar. Sehr viel mehr herausgekommen als die mühselige Einigung auf einen Bauplatz und einen teuren Architektenentwurf ist in diesen knapp zwei Jahrzehnten leider nicht.
Manche Mühlen mahlen langsam, einige sogar noch langsamer. Irgendwann schien das Schiff Münchener Konzerthaus dann aber ungeachtet aller Widerstände doch auf Kurs zu sein. Schien. Denn inzwischen hat der Ministerpräsident die neue Isarphilharmonie besichtigt, ist "positiv überrascht" und vertritt neuerdings die Meinung, man möge doch bitte schön dringend den Kurs ändern oder besser noch gleich die Motoren abschalten. Sagt er so natürlich nicht, meint er nur. Und stellt, damit wirklich alle verstehen, worum es geht, mal eben Kosten für das Konzerthaus von voraussichtlich einer Milliarde in den Raum, versehen mit dem hintersinnigen Zusatz, billiger könne und dürfe es nicht werden. Denn "einfach Kleinsparen" werde schließlich "der großen Idee nicht gerecht".
Die Elbphilharmonie in Hamburg | Bildquelle: picture alliance / HOCH ZWEI | Juergen Tap Damit lässt sich jedes Projekt über die Klippe stoßen. Lieber nichts als etwas. Lieber ein Provisorium, von dem niemand weiß, ob es in zehn Jahren noch annähernd so großartig ist, wie es heute vielen, wenn auch keineswegs allen erscheint, als eine wirklich solide, nachhaltige Lösung. Die wäre sicher für weniger zu haben als für eine Milliarde. Aber es musste eben von vornherein das repräsentative Denkmal für den großen Horst Seehofer sein, unter einer Münchener Elbphilharmonie ging deshalb natürlich nichts. Da dieses großartige Denkmal – leider, leider – nicht zu haben ist, lassen wir's doch lieber ganz und wurschteln auch in zwanzig Jahren noch weiter in einem zu kleinen Prinzregententheater, einem ebenfalls zu kleinen und dann wohl endgültig baufälligen Herkulessaal und einer dann bereits baufälligen Isarphilharmonie.
Ein über die Stadtgrenzen hinaus strahlendes Konzerthaus, gerüstet für neue mediale Entwicklungen, ein Musik- und Kulturzentrum, das neues, jüngeres Publikum anziehen und eine Musikvermittlung ermöglichen würde, die den Namen verdiente, all das wird echt überschätzt. Brauchen wir das wirklich angesichts drängender Alltagsprobleme? Genau dies, darauf können wir Gift nehmen, wird man demnächst aus einer langen, intensiv genutzten Denkpause – die wievielte ist es eigentlich? – mitgenommen haben. München wird schließlich auch 2035 noch die Weltstadt mit Herz sein. Da muss und sollte man es mit der Kultur wirklich nicht übertreiben.
Sendung: "Leporello" am 29. März 2022 ab 16.15 Uhr auf BR-KLASSIK.
Kommentare (1)
Donnerstag, 31.März, 16:25 Uhr
Armes München
Konzertsaal
Leider fehlt in dem Kommentar auch die Perspektive der lukrativen Geschäfte dank einer (damals auch immens überteuerten) tourismussicheren Elbphilharmonie!
Und auch die Tatsache, dass sich München nicht mal eine einzige KONZERTORGEL leistet, sorgt dafür, dass das Publikum weiterhin brav nach HH pilgern muss und dort für Einnahmen sorgt!
Bayern/München ist schwerfällig/einfallslos und sogar die Konzertsäle in NRW zeigen wo es lang geht! Reichtum einiger weniger Egoisten bringt die Kultur und damit die ganze Gesellschaft jedenfalls nicht voran.