München erwartet mit Spannung den Bau des neuen Konzerthauses. Die Architekten sind gewählt, der Raumakustiker steht fest und im Juli 2021 hat der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags grünes Licht für die weitere Planung gegeben. Baubeginn für das "Leuchtturmprojekt für Bayern" soll im Jahr 2025 sein - im Münchner Werksviertel am Ostbahnhof. Wie das Bauvorhaben dieses Viertel verändert, wollen Künstlerinnen und Künstler nun dokumentieren.
Bildquelle: bloomimages für cukrowicz nachbaur architekten zt gmbh
Die leere Fläche, auf der in Zukunft das Konzerthaus München stehen soll, wird derzeit vom größten mobilen Riesenrad der Welt geziert. Aber nicht ausschließlich. Das ehemalige Industriegebiet am Münchner Ostbahnhof mit lauten Clubs, engen Gassen und dem charakteristischen Graffiti hat sich in den letzten Jahren zu einem Schmelztiegel der Kunst und Kultur entwickelt. Wo früher Kartoffeln zu Knödeln verarbeitet wurden, wird heute Farbe in Kunst verwandelt. Mehr als 20 Künstlerinnen und Künstler aller Sparten der Bildenden Kunst haben im Werk 3 des ehemaligen Pfanni-Geländes ihr Atelier. Genau hier, vor den Fenstern des Kreativquartiers WERK3, soll das Konzerthaus München gebaut werden.
Martina Taubenberger, die das Werksviertel-Mitte Kunst seit fünf Jahren betreut und beobachtet, kam dadurch auf eine Idee: "Wir systematisieren das, was sowieso schon passiert." Der Titel des Kunstprojekts "Bilder einer Baustelle" erinnert absichtlich an die berühmte Komposition "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgski. Doch hier ist es nicht Musik, die Bilder beschreibt, sondern es sind Bilder und Kunstwerke, die den Entstehungsprozess des Konzerthauses München festhalten, interpretieren und sich davon inspirieren lassen.
Der Künstler Wladimir Schengelaja darf für drei Wochen im Gastatelier des WERK3 arbeiten. | Bildquelle: Achim Frank Schmidt Alle Künstlerinnen und Künstler des Werkviertels-Mitte Kunst werden in den nächsten Jahren nacheinander im Gastatelier im WERK3 ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Die lange Fensterfassade im Raum lässt den Blick ohne Einschränkungen direkt auf die Baufläche fallen. Martina Taubenberger, Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin, stellt für alle nur eine Bedingung: "Es muss mindestens ein Werk mit Bezug zum Konzerthausprojekt entstehen." Der Rest ist den Künstlerinnen und Künstlern überlassen. Jeweils für drei Wochen dürfen sie das Gastatelier im WERK3 beziehen.
Der Künstler Wladimir Schengelaja hat schnell Interesse an diesem Projekt gezeigt. Seit über 20 Jahren hat er seine Ateliers in diesem Viertel; die Veränderungen vor Ort interessieren ihn besonders. Bereits nach seiner 14-tägigen Residenz im Gastatelier hat er Martina Taubenbergers Erwartungen übertroffen. Seine Zusammenstellung zeigt Fotos aus dem Viertel, die die Zeit noch vor dem Wandel zeigen, sowie ein Video, das den Abriss mancher Gebäude in der Umgebung dokumentiert.
Der Entstehungsprozess des Münchner Konzerthauses als Gemälde. Ein Kunstwerk von Wladimir Schengelaja. | Bildquelle: Mari Häring, BR Die größte Aufmerksamkeit erregt ein mannshohes Bild. Auf tiefschwarzem Grund wirkt die ockerne Lehmfarbe wie funkelnde goldene Linien. Auf der unteren Hälfte die Umrisse eines Kopfes, direkt darauf ein schlichtes, vierseitiges Haus aus zarten, dünnen Linien in derselben Farbe. Im Hintergrund ist eine kleine Fabrik mit Schornsteinen zu sehen, die am Umriss eines größeren Grundstücks steht - die noch leere Baufläche des Konzerthauses. Der Kopf mit dem Haus soll den Schöpfer des Ganzen symbolisieren, erklärt Wladimir Schengelaja. Und zwar nicht eine bestimmte Person, sondern alle Menschen, die das Projekt ermöglichen: Architekten, Politiker, Geldgeber und Ideenbringer.
Das Ergebnis des Projekts "Bilder einer Baustelle" soll nicht erst zu sehen sein, wenn das Konzerthaus fertig gebaut ist. Immer wieder wird es Ausstellungen geben, mit Werken, die bis dahin im Gastatelier geschaffen wurden. Martina Taubenberger wünscht sich, dass einige der Kunstwerke zur Eröffnung des Konzerthauses München im neuen Gebäude ausgestellt werden können. Im Jahr 2030 wird es voraussichtlich so weit sein.
Sendung: "Leporello" am 7. Dezember 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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