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Kritik - Alois Bröders "Unverhofftes Wiedersehen" in Würzburg Der Tod ist rot

Ein junges Paar steht vor der Hochzeit. Doch am nächsten Tag kehrt der Mann, der im Bergbau arbeitet, nicht von der Arbeit zurück. Johann Peter Hebels Erzählung bildet die Basis für Alois Bröders zweite Oper, die in Würzburg uraufgeführt wurde. Jörn Florian Fuchs erlebte einen Abend, bei dem sich das Geschehen auf der Bühne träge und pathetisch dahin zog.

Bildquelle: Nik Schölzel

Interview zum Anhören

Das Publikum sitzt auf der Bühne des Würzburger Mainfranken Theaters und ist ganz nah am Geschehen. Und dieses hat es in sich. Anna und Mathias wollen heiraten, doch wenige Tage vor dem Freudenfest passiert ein Unglück: Mathias wird in einem Bergwerk verschüttet. Anna bleibt ihrem Beinahe-Gatten 50 Jahre lang treu, als alte Frau begegnet sie ihm noch ein letztes Mal, als die Erde den unverwesten Körper plötzlich freigibt.

Wahre Begebenheit

Die Vorlage zur Oper ist eine berühmte, ganz kurze Kalendergeschichte von Johann Peter Hebel, die auf wahren Ereignissen beruht. Alois Bröder nimmt sie als Ausgangspunkt, reichert sie jedoch - leider - mit ziemlich pathetischen Texten an. Ein mahnender Chor schleicht durch die eher karge Szenerie, singt vor allem Liegetöne, zwar klangschön, auf die Dauer jedoch ermüdend. Anna (vorzüglich: Silke Evers) schmachtet und leidet in endlosen Wehmutskantilenen, Mathias (mit feinem Tenor: Roberto Ortiz) ergeht sich unterdessen - teilweise postum - in Liebeserklärungen.

Während Hebel ganz auf die schockiernde Pointe setzt und dann eine ruhig formulierte Hoffung auf das Wiedersehen der Liebenden im Jenseits anfügt, möchte Bröder schlicht zu viel. Beim Lesen wirkt die Geschichte wie ein Blitzschlag, als Oper zieht sich das Geschehen träge und pathetisch dahin. Im ausgedehnten Mittelteil des 75-minütigen Stücks wird Anna auf der Bühne zur alten Frau geschminkt, während das Philharmonische Orchester Würzburg (exzellent präpariert von Enrico Calesso) mächtig dampft und schwitzt.

Von der Mondlandung bis zur Gegenwart

Auf Leinwänden sieht man Annas Leben im Rückblick, dazu - unsinnigerweise - Bilder von der Mondlandung über Brandts Kniefall in Warschau bis hin zur Gegenwart. Untertitel zeigen Hebels Originaltext, da ist die Rede vom Sieg Napoleons in Preussen oder der Hinrichtung Struensees. Was soll das? Regisseur Markus Weckesser arrangiert das Geschehen zwar klar und und durchaus emphatisch auf der sehr begrenzten Bühne, kann sich aber offenbar nicht entscheiden, wann die die Sache nun spielen soll. Schön ist ein rotgewandeter Tod (Daniel Fiolka), der mit Kreide das Paar voneinander abgrenzt und Mathias sozusagen aus der Welt singt.

Sendung: Leporello, 26. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Freitag, 30.Juni, 08:14 Uhr

Regie-Rezensent

Kritik?

Nicht oft trifft man im Öffentlich-Rechtlichen eine Rezension an, die sich so sehr selbst gefällt, ihre Negativurteile behauptet und nicht begründet, so viele tendenziöse Ausdrücke enthält ("schleichen", "schmachten", "dampfen") und dazu voller Fehler steckt ("Liegetöne des Chores", "Anreicherung mit pathetischen Texten"). Und schließlich kein Wort davon, wie das Publikum reagierte - nämlich begeistert. "Was soll das?"?

Dienstag, 27.Juni, 18:47 Uhr

Regie-Erklärer

"Was soll das?"

"unsinnigerweise"/"Was soll das?"...

Ratlosigkeit bleibt einem Rezensenten natürlich völlig unbenommen - so wahnsinnig unerklärlich ist das Ganze aber auch nicht. Auf den Leinwänden lief eine Retrospektive auf das Leben der Figur Anna, zusammen mit den Zeitmarken aus der Hebel-Textvorlage. Die mögen dem zeitgenössischen Leser ein plastisches Bild der bis zum "unverhofften Wiedersehen" verstrichenen 50 Jahre vermittelt haben; der heutige Opernbesucher hat aber eine andere "Benchmark" der Erinnerung und eine andere Zeit-Empfindung. Und daher konnte man auf den Monitoren eine aktuelle Benchmark, eine "unsinnige" (?) zweite Zeitachse sehen. So etwas könnte man Parallel-Montage nennen, oder irgendwie anders - aber mal ganz ehrlich: Das sollte eigentlich in den heutigen Multitasking-Zeiten weder einen Opernbesucher, noch einen Opernrezensenten allzu sehr überfordern oder in Deutungs-Verzweiflung stürzen :) ...

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