Ein riesiger, dampfender Misthaufen füllt die Bühne, ein wahres Mistgebirge, auf dem sich die Einwohnerschaft eines ganzen Bauerndorfs malerisch aufstellen kann. Hier am Land geht’s zur Sache, derb, drastisch, ein bisschen anarchisch und mit würzigem Kuhdreck an den Gummistiefeln: Regisseur David Bösch lässt die "Verkaufte Braut" in einer Scheune spielen.
Bildquelle: Bayerische Staatsoper/W. Hösl
Es wird herzhaft gerauft, gesoffen und gebieselt in dieser Inszenierung, das Bier kommt aus dem Güllewagen, den Traktor repariert Jungbauer Hans eigenhändig und die Hochzeitstorte wird mit dem Heuförderband unter die Leute gebracht.
Bösch inszeniert pralles Bauerntheater mit einprägsamen Typen. Ganz schön was los mit all den Sachen: Luftballon-Herzen, Heuschnupfen-Spray, echtes Schwein mit Schleife, Trabi, Konfetti, Brautkleid-Outlet, Dixi-Klo und Zuckerwatte. Nicht alle Gags zünden, aber nett ist es doch die meiste Zeit über. Die Regie tut zwar frech, ist aber eigentlich ganz eine liebe und will nur spielen. Die Guten sind gut und schlau, die Bösen sind böse und dumm, die Komödie rattert stur geradeaus.
Das würde sich ziemlich schnell totlaufen, wäre da nicht Günther Groissböck als Heiratsvermittler Kezal. Weißer Anzug, rotes, bis zum Bauchnabel offenes Hemd, zurückgegelte lange Haare - das Bild eines Macho: handysüchtig, schmierig und geldgeil, hyperaktiv und kraftstrotzend. Groissböck würde den Abend notfalls auch alleine schmeißen. Mit seinem markanten, gut fokussierten Bass ist er stimmlich ebenso präsent wie darstellerisch. Ein Bühnen-Urereignis.
Schauspielerisch fast ebenbürtig, aber als Typ weniger farbig ist Pavol Breslik als Hans. Tenor, schlau, gut aussehend: ein Traum-Schwiegersohn auf den ersten Blick. Aber damit die Komödie ihren Lauf nehmen kann, dauert es drei Akte, bis das endlich auch die dümmlichen Brauteltern kapieren. Breslik singt mit verführerischem Timbre, leicht und unangestrengt.
Bildquelle: © Bayerische Staatsoper / Wilfried Hösl Die weibliche Hauptrolle hätte ursprünglich Sopran-Star Christiane Karg singen sollen, die jedoch schwangerschaftsbedingt aussteigen musste. Für sie übernahm die junge Italienerin Selene Zanetti, die erst dieses Jahr vom Opernstudio ins Ensemble der Staatsoper gewechselt ist. Den Vertrauensvorschuss von Intendant Bachler löst sie ein. Das sitzt, klingt klar und natürlich. An Farben und Ausdruckskraft wird Zanetti sicher noch hinzugewinnen – in den Momenten, wo sie emotional aus sich herausgeht, ist sie jetzt schon eine großartige Sängerin.
Klasse auch Wolfgang Aiblinger-Sperrhacke als treudoof stotternder Wenzel. Dirigent Tomáš Hanuš serviert Smetanas böhmische Tänze rasant und idiomatisch, bringt das hochvirtuose, fantastisch reaktionsschnelle Staatsorchester gekonnt auf Touren. Im Orchestergraben klingt das toll, aber die Koordination mit Chor und Sängern gelingt Hanuš nicht immer ohne Wackler. Alles in allem ein szenisch belanglos netter und musikalisch erstklassiger Abend.
Weitere Infos zu Inszenierung und Terminen unter staatsoper.de
Kommentare (2)
Dienstag, 01.Januar, 20:50 Uhr
David p
Die verkaufte Braut
Eine schreckliche Inszenierung. Was hat sich Bösch dabei gedacht!? Mehrere Leute stürmten in Panik und wutentbrannt aus der Oper.
Samstag, 29.Dezember, 23:50 Uhr
Klaus Bejenke
Die verkaufte Braut
Auch wenn man Gags bringen möchte, insgesamt doch ziemlich dümmliche Inszenierung! Warum muss gepieselt werden, von stalldreckigen Bauerntölpeln, noch dazu ins eigene Heu, das danach keine Kuh mehr fressen würde. ,Stalldreck bei einem Frühlingsfest??? Und wozu dann noch die tschechische Fahne? Damit jeder kapiert, dass das die dreckigen und ordinären Tschechen sind? Und zum Schluss dann doch die Großbäuerin im Nerz? Platter gehts wohl nicht mehr!
So schwach, bei inspiriertem Orchester und sehr glücklich schön singenden und spielenden Darstellern in diesem sinnlosen Ambiente! Traurig für sie!