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"Kátja Kabanová" an der Staatsoper München Leoš Janáček: Seine fünf besten Werke

Zwei deutsche Komponisten und ein Italiener, der Französisches vertont, prägten die ersten drei Premieren der Saison 2024/25 am Münchner Nationaltheater: Richard Wagner und Richard Strauss, dazwischen Gaetano Donizetti. Nun rückt wieder ein osteuropäischer Komponist in den Fokus: der aus Mähren stammende Leoš Janáček. Der hat nicht nur mit seiner "Kátja Kabanová" Musikgeschichte geschrieben. BR-KLASSIK stellt fünf seiner bekanntesten Stücke vor.

Leos Janacek Denkmal in Brünn  | Bildquelle: picture alliance / akg-images / David Borland

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Leoš Janáček war ein aufmerksamer Zuhörer. Ihn faszinierte, wie Menschen sprechen – ihr melodischer und rhythmischer Duktus im Alltag. Davon ließ er sich auch gerne für seine Kompositionen inspirieren. Besonders der lachische Dialekt, seine heimische Mundart, prägte seine musikalische Handschrift. So entstanden markante Motive: prägnante Tonfolgen, manchmal schroff in ihrer Wirkung, doch stets voller Vitalität.

Die Wahrheit schließt nicht die Schönheit aus. Im Gegenteil, die Wahrheit ist die Schönheit.
Leoš Janáček

Oper "Jenůfa" (1904)

Eine Frau trifft eine drastische Entscheidung: Sie will ihrer Stieftochter helfen, deren uneheliches Kind in der Dorfgemeinschaft als unerträgliche Schande gilt. Das Baby muss weg. Späte Reue führt schließlich zum Geständnis der schuldbeladenen Kindsmörderin. Jenůfa verzeiht ihr – und auch Laca, dem Mann, der sie einst in rasender Eifersucht mit einem Messer attackierte. Auch er bereut.

Mit der ihr eigenen Intensität lässt Asmik Grigorian 2022 als Jenůfa an der Wiener Staatsoper, allem Schmerz zum Trotz, strahlende Lebensenergie spüren. Wie Janáček selbst schöpft die Sopranistin aus der ganzen Ausdruckspalette der Musik, um zu zeigen: Oper ist ein Kraftwerk der Gefühle.

Wer das zweistündige Bühnenwerk komplett auf sich wirken lassen möchte: Eine Aufführung des Gran Teatre del Liceu Barcelona aus dem Jahr 2005 überzeugt mit Nina Stemme und Eva Marton in den Hauptrollen (Dirigent: Peter Schneider, Regie: Oliver Tambosi).

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Janáček: Jenufa's Prayer, Asmik Grigorian - Vienna 2022

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Leoš Janáček - Jenůfa (Complete Opera) - Schneider / 2005

Klavierzyklus "Auf verwachsenem Pfade" (1908)

Ursprünglich mit Schweller-Effekten für Harmonium komponiert, zeigt dieser programmatische Klavierzyklus eine enorme Ausdruckskraft und konzentrierte Emotionalität. Janáček beschwört Erinnerungen herauf – darunter den frühen, krankheitsbedingten Tod seiner 20-jährigen Tochter Olga. In anderen Stücken der Sammlung lässt sich für Pianistinnen und Pianisten die mährische Landschaft mit Wäldern und Burgruinen mit Händen greifen. Janáček hat sich oft mit seiner Herkunft auseinandergesetzt, und das Ergebnis seiner Beobachtungen sind außer Feuilletons auch Hunderte von Notenskizzen. "Auf verwachsenem Pfade" trifft András Schiff 1992 im Salzburger Mozarteum den richtigen Tonfall.

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András Schiff "Auf verwachsenem Pfade" Janacek

Oper "Katja Kabanova" (1921)

Die Situation in ihrer Ehe und Familie ist für Katja klaustrophobisch: Wehmütig erzählt sie von Träumen, in denen sie wie ein Vogel hoch in den Himmel fliegt. Die leuchtende, sich ekstatisch steigernde Musik offenbart das reiche Innenleben der Figur. Bei einem Seitensprung bricht Katjas Freiheitsdrang auf. Doch sie fühlt sich schuldig – und beendet ihr Leben.

Eine fabelhafte Aufführung ist aus dem Jahr 2022 dokumentiert. Dirigent Jakub Hrůša lässt allen Beteiligten Freiraum zur individuellen Entfaltung. Die Balance zwischen romantisch anmutender Kantilene und energischer Rhythmik gelingt grandios. Regisseur Barrie Kosky sorgt für eine ausgeklügelte Personenregie, und dass sein Ansatz auf der riesigen Bühne der Salzburger Felsenreitschule funktioniert, ist den Sängerdarstellerinnen und -darstellern zu verdanken. Sopranistin Corinne Winters betont in der Titelpartie das Kindliche, Unschuldige an der tragischen Heldin: das unverstellte, ungekünstelte Wesen einer lebens- und liebeshungrigen Frau. 

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L. Janáček: Káťa Kabanová

"Sinfonietta“ (1926)

Aufbruchsstimmung im Freiheitstaumel einer jungen Demokratie malt die "Sinfonietta“ mit den Klängen festlicher Fanfaren. Optimistisch, wie eine heftig zuckende Urgewalt, als Hymnus und Lobgesang auf das Leben – mit allem, was dazu gehört. Widmungsträger ist ein Turnverein, aber die Hommage Janáčeks gilt auch den Städten Brünn und Pisek. Die symmetrische Fünfsatz-Struktur besticht durch ihre klare Dramaturgie: Eine leidenschaftliche Meditation im Zentrum wird eingerahmt von folkloristischen Anklängen (2./4.Satz), Intrada und Postludium (1./5.Satz) imponieren durch schneidige Bläser mit ungewöhnlich zahlreichen Trompeten, auch Basstrompeten und Tenortuben. Die Tschechische Philharmonie zeigt 2017 unter Jiří Bělohlávek, wie es geht.

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Leoš Janáček SINFONIETTA, Jiří Bělohlávek

Streichquartett Nr.2 "Intime Briefe“ (1928)

Kamila Stösslová war Janáčeks Muse – und Adressatin von über 700 Briefen. 38 Jahre jünger als er, inspirierte sie ihn zu seinem leidenschaftlichsten Kammermusikwerk. Ursprünglich mit der Viola d’amore besetzt, ist dieses Streichquartett – er nannte es "Aufschreie der Freude und des Schreckens“ – ein musikalisches Bekenntnis: ekstatisch, sehnsüchtig, voller eruptiver Emotionen. Eine bisweilen überbordende Musik, die auch Töne der Zartheit und Zärtlichkeit kennt. Übrigens: Ein Waldspaziergang mit Kamila bei großer Augusthitze beschert dem Komponisten eine Lungenentzündung mit Todesfolge! War Kamilla sein Todesengel? Mitreißende Interpretationen der "Intimen Briefe“ kommen vom Janáček Quartett (1966) sowie vom ChamberFestCleveland (2016).

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Leoš Janáček - String Quartet No. 2 "Intimate Letters"

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JANÁČEK: String Quartet No. 2, "Intimate Letters" - ChamberFest Cleveland (2016)

Sendung: Opernabend am 17.03.2025 ab 18:30 Uhr auf BR-KLASSIK: "Kátja Kabanová" von Leoš Janáček live aus dem Münchner Nationaltheater

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