Von den meisten Orchesterliedern Gustav Mahlers existiert auch eine Klavierfassung. Nur im Falle des ersten "Kindertotenlieds" war eine solche bislang nicht bekannt. Bis ein Sammler in einem Notenstapel eine Entdeckung machte - mit der sich jetzt die Musikwissenschaft beschäftigt.
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Gustav Mahler schrieb seine "Kindertotenlieder" nach Gedichten von Friedrich Rückert zwischen 1901 und 1904. Sie werden zumeist in der Fassung für Gesangsstimme und Orchester aufgeführt. Doch so wie für die allermeisten Lieder des Komponisten liegt auch für sie eine Klavierfassung vor. Zumindest gilt dies für die letzten vier Lieder des fünfteiligen Zyklus: Die Manuskripte der Klavierversion werden in der Pierpont Morgan Library in New York aufbewahrt. Vom ersten Lied mit dem Titel "Nun will die Sonn' so hell aufgeh'n" war bislang hingegen keine Klavierfassung bekannt.
Nun wurde jedoch in einer Münchner Privatsammlung ein bislang unbekanntes Autograph entdeckt, bei dem es sich zu hoher Wahrscheinlichkeit um die verschollene Klavierfassung des ersten "Kindertotenlieds" handelt. Die berichtet der Musikwissenschaftler Berthold Over im Band 74 des "Archivs für Musikwissenschaft". Das Doppelblatt mit der Notenschrift sei zwar unsigniert, doch durch genaue Manuskriptvergleiche könne man seine Echtheit belegen, teilte Over mit. Ursprünglich befand sich das Manuskript im Besitz der Wiener Familie Conrat. Im musikalischen Salon, den diese Familie zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte, waren auch Gustav und Alma Mahler regelmäßig zu Gast.