Am 30. April gibt die Orchester-Gemeinschaft Nürnberg ein ganz besonders Frühjahrskonzert in der Großen Meistersingerhalle in Nürnberg. Neben Johannes Brahms' 3. Symphonie und Peter Tschaikowskys 1. Klavierkonzert wird es zum Auftakt eine Uraufführung geben - nämlich den ersten Satz von Beethovens Klaviersonate "Pathétique" in der Orchestrierung von Anton Bruckner.
Bildquelle: Gesellschaft der Musikfreunde, Wien
Entdeckt hat dieses "unerhörte" kleine Juwel der Bratschist und Bruckner-Forscher Franz Scheder im erst 2014 als Faksimile veröffentlichten Studienbuch Bruckners. Dieses Studienbuch fertigte Bruckner im Zuge der Unterrichtsstunden an, die er zwischen 1861 und 1863 beim Linzer Kapellmeister Otto Kitzler absolvierte. Zu dieser Zeit war Bruckner als Linzer Domorganist zwar schon bekannt und geachtet, doch wollte er sich unbedingt als Komponist weiterbilden. Er nahm deshalb Kompositions-Unterricht bei dem deutlich jüngeren Kitzler, nachdem er bereits zuvor vier Jahre lang in Wien Musiktheorie studiert hatte. Zu den Aufgaben, die Bruckner zu lösen hatte, zählte eben auch eine Orchestrierung von Beethovens "Pathétique" - allerdings nicht des gesamten Werks, sondern lediglich der Exposition des Kopfsatzes. Bruckner vollendete diese Arbeit, bevor er seinen Marsch d-Moll für Orchester in Angriff nahm. Damit handelt es sich bei der Beethoven-Bearbeitung wohl um Bruckners erste reine Orchesterkomposition.
Skizze Anton Bruckners aus dem "Kitzler-Szudienbuch" | Bildquelle: Österreichische Nationalbibliothek Lange Jahre verblieb der als "Kitzler-Studienbuch" bezeichnete Manuskriptband in Privatbesitz, bis er 2013 in die Hände der Österreichischen Nationalbibliothek überging. Franz Scheder hat aus der Handschrift mittels eines Computerprogramms eine Partitur der "Bruckner-Pathétique" erstellt und für seine Orchesterkollegen kopiert. Er zweifelt nicht daran, dass diese Arbeit noch nie aufgeführt wurde. Doch ein typischer Bruckner sei diese Arbeit noch nicht, sagt Scheder. Das einzige, was vielleicht dafür spreche, sei die Wahl der Orchesterbesetzung, die Beethoven damals nicht benutzt hätte - "obwohl es ein relativ frühes Werk von Beethoven ist. Er hat nämlich drei Posaunen dabei. Aber der Rest ist konventionell", so der Bratschist.
Ich bin erstaunt, wie gut das Stück funktioniert.
Auch Dirigent Christian Hutter Orchester-Gemeinschaft Nürnberg hat auf die Frage, ob dieses knapp achtminütige und durchaus wirkungsvolle Orchesterstück nun ein Beethoven oder ein Bruckner sei, eine ganz klare Antwort: "Das ist ein eindeutiger Beethoven - bis auf die Instrumentation. Wenn man nicht wüsste, dass das Ursprungswerk eine Klaviersonate ist, würde man sich keine darüber Gedanken machen.“
Samstag, 30. April 2016, 19:30 Uhr
Nürnberg, Große Meistersingerhalle
Ludwig van Beethoven:
Klaviersonate c-Moll, op. 13 "Pathtétique", 1.Satz
in einer Bearbeitung für Orchester von Anton Bruckner
Uraufführung
Peter Tschaikowsky:
Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll, op. 23
Johannes Brahms:
Symphonie Nr. 3 F-Dur, op. 90
Dmitry Rodionov (Klavier)
Orchester-Gemeinschaft Nürnberg
Leitung: Christian Hutter