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Bariton Matthias Goerne nähert sich Wagner Wie wird man Wotan?

Um große Wagnerpartien zu stemmen, muss die Stimme reifen, heißt es. Doch was bedeutet das eigentlich? Bariton Matthias Goerne, der für seine Liedinterpretationen mehrfach ausgezeichnet wurde, singt nun seinen ersten szenischen Wotan. Leicht ist ihm der Wechsel vom Zweiminuten-Lied der Romantik zum halbstündigen Monolog eines Wotan nicht gefallen. Doch wichtig sei auch hier der Klang, verrät Matthias Goerne.

Bildquelle: © Marco Borggreve

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"Ich würde nicht sagen, dass ich mir vor zehn Jahren vorgestellt hätte, dass ich das mal singen würde", sagt Matthias Goerne über die Partie des Wotan. "Man nähert sich dem in kleinen Schritten, und irgendwann fängt man mal an, darüber nachzudenken." Die ersten "kleinen Schritte" im Wagnerfach hat der Bariton auf einer CD unternommen - mit Ausschnitten aus "Tannhäuser" und als Hans Sachs in den "Meistersingern". Dann folgte König Marke aus "Tristan und Isolde". Und schließlich pirschte sich Goerne langsam an den Strippenzieher und Häuptling aller Wagnerpartien heran: an Wotan. "Nach bestandener Herausforderung, im Konzert 50 Minuten lang diese Art von Monologen zu singen, merke ich meist - nicht direkt, dass ich müde bin, aber - dass ich richtig laut gesungen habe, mit einem sehr breiten Klang. Aber schon eine Stunde später stellte sich die totale Regenerierung ein!"

Kondition ist eine ganz wichtige Sache, gerade bei Wotan
. Matthias Goerne, Bariton

Unendlicher Monolog für Wotan

Matthias Goerne | Bildquelle: PR/Matthias Goerne Matthias Goerne | Bildquelle: PR/Matthias Goerne Als Wotan in der "Walküre" muss sich Matthias Goerne ziemlich ins Zeug legen. Wagner hat für den Göttervater am Ende des dritten Aktes einen schier niemals enden wollenden Monolog komponiert. Darin protzt Wotan einerseits mit seiner Stärke, zeigt gleichzeitig aber Gefühle - was eher untypisch ist für einen Gott seines Kalibers. Als liebender Vater muss Wotan, kraft seines Chefpostens, Lieblingstochter Brünnhilde für ihren Ungehorsam bestrafen. "Die Kondition ist eine wichtige Sache, gerade bei Wotan", erklärt Goerne. "Diese Partie hat alles: Sie ist sehr hoch, extrem tief, ganz massiv, und es braucht auch Lyrisches - gerade in Wotans Abschied; je zarter, betörender und sensibler der gesungen wird, desto effektvoller ist der Kontrast zum vorherigen Forte-Ausbruch."

Präzision im Umgang mit dem Wort

Dieser ausladende Monolog bringt zwar den Sänger ins Schwitzen, kann aber für den Zuhörer sehr schnell sehr öde werden. Matthias Goerne profitiert bei der Umsetzung des eigentümlichen Wagner'schen Sprechgesangs von seiner Präzision im Umgang mit dem Wort: "Ich würde nie versuchen, den Klang aus Vokalen herauszunehmen und das trockene Sprechen, das wir ja ohnehin schon praktizieren in unserer Sprache, in den Vordergrund zu stellen. Ich denke, alles muss sich aus dem Klang ergeben; der Klang transportiert die Idee eines Stückes."

Ich bin froh, dass ich das gemacht habe in meinem Leben!
Matthias Goerne über seine Wagner-CDs

Wagner in Hong Kong

Nach diversen Konzerten mit Wotans Schlussmonolog aus der "Walküre" bot ihm der Dirigent Jaap van Zweden den Wotan im kompletten "Ring" an. Matthias Goerne überlegte nur kurz und sagte zu. Gemeinsam mit dem Hong Kong Philharmonic Orchestra erarbeitete er das Mammutwerk. Der nächste Schritt hin zur größten aller Wagnerpartien ist getan. Wieder ganz ohne Hast, über insgesamt drei Jahre hinweg entsteht im fernen Hong Kong der "Ring" in konzertanter Fassung. "Dazu bedarf es erst einmal eines Dirigenten, der das Vertrauen in jemanden setzt, der in diesem Repertoire unverbraucht ist und von der Sprache her kommt, vom Lied", erläutert Goerne seine Zusammenarbeit mit van Zweden. Sie studieren die Partitur so präzise und sorgfältig, als hätten sie es mit einer monströsen Liedersammlung zu tun. Und als Gipfel ihrer Zusammenarbeit wird der Ring als Live-Mitschnitt auf CD dokumentiert. "Als jemand, der eher für das 'Heidenröslein' und die 'Forelle' bekannt ist, kann ich jetzt drei Aufnahmen mit dem 'Ring' vorweisen", freut sich Matthias Goerne. "Ich bin froh, dass ich das gemacht habe in meinem Leben!"

Sendung: "Allegro" am 5. Januar 2018 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK

"Die Walküre" in Hamburg

Richard Wagner: "Die Walküre"
Staatsoper Hamburg
Inszenierung: Claus Guth
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung: Kent Nagano

Premiere:
Sonntag, 7. Januar 2018, 15:00 Uhr

Weitere Termine:
Sonntag, 14. Januar 2018, 15:00 Uhr
Samstag, 20. Januar 2018, 17:00 Uhr

Weitere Infos auf der Homepage der Staatsoper

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