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125 Jahre Münchner Philharmoniker Das "grösste Musikspektakel aller Zeiten"

Am 13. Oktober 1893 gab das Vorläufer-Orchester der Münchner Philharmoniker sein erstes Konzert. Auf den Tag genau 125 Jahre später wird dieses Jubiläum gebührend gefeiert: mit Strawinskys "Psalmensymphonie" und Mahlers Achter Symphonie, dirigiert von Valery Gergiev. BR-KLASSIK blickt auf 125 Jahre Orchestergeschichte zurück.

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Die Anfänge: das Privatorchester eines Musikenthusiasten

Franz Kaim ist der Sohn eines Klavierfabrikanten. Nur Instrumente zu verkaufen ist ihm zu wenig, er will Konzerte veranstalten. Getreu dem Firmenmotto "Ernstes Ringen – froh Gelingen" gründet er im Frühling 1893 ein eigenes Orchester und nennt es "Münchner Philharmonisches Orchester": Die Geburtsstunde der Münchner Philharmoniker. Musiker zu finden ist am Anfang jedoch schwierig: Die von Franz Kaim angeheuerten Instrumentalisten sind in den Sommermonaten Mitglieder in Kurorchestern.

Erst Anfang Oktober finden sich die Musiker erstmalig zusammen. Hans Winderstein, der erste Dirigent, hat nur acht Tage Zeit, um ein erstes umfangreiches Programm zu erarbeiten. Nur zwei Jahre später erhält das Orchester einen ersten eigenen Saal von Jugendstil-Architekt Martin Dülfer. 1895 in der Münchner Türkenstraße als "Kaim-Saal" errichtet, fiel dieser Konzertort – auch bekannt als Tonhalle – kurz vor Kriegsende 1944 dem Bombenhagel zum Opfer.

Mahlers größter Triumph: Veni, vidi, vici

Gustav Mahler | Bildquelle: Internationale Gustav Mahler Gesellschaft Wien Gustav Mahler | Bildquelle: Internationale Gustav Mahler Gesellschaft Wien Gustav Mahler kommt als Dirigent nach München und führt im Jahr 1901 seine 4. Symphonie mit dem Philharmonischen Orchester auf. Die stößt jedoch nicht auf großen Jubel, sondern löst sowohl bei Beteiligten als auch Zuhörern und Kritikern größtes Befremden aus. Neun Jahre später gibt es eine weitere Uraufführung: die Achte Symphonie. 1.030 Musiker und Sänger stehen auf der Bühne, weshalb sie den Beinamen "Symphonie der Tausend" bekommt. Mahler feiert damit wohl seinen größten Triumph, auch wenn sich manche während der Proben noch über das "größte Musikspektakel aller Zeiten" lustig gemacht hatten.

1908 wird außerdem die Bruckner-Tradition des Orchesters durch Chefdirigent Ferdinand Löwe begründet, die bis heute Bestand hat. 1910 werden in einer einzigen Saison alle neun Bruckner-Symphonien aufgeführt.

Orchesterkrise: Der Krieg braucht Soldaten

1915 wird das Orchester stillgelegt: Über die Hälfte der Musiker wird zum Militärdienst einberufen, die Tonhalle dient als Soldatenquartier. Die restlichen Musiker gründen das "Neue Münchner Konzert-Orchester". Bis 1924 muss das Orchester immer wieder darum bangen, wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation nach dem Ersten Weltkrieg auseinanderzufallen. Die Stadt München vergibt deswegen Anstellungsverträge auf Lebenszeit. Noch im selben Jahr findet das Orchester zu seinem neuen Namen: die Münchner Philharmoniker.

Der Zweite Weltkrieg: ein Dirigent, verschüttet von Trümmern

1938 wird Oswald Kabasta zum Künstlerischen Leiter der Münchner Philharmoniker bestimmt. Als frühes NSDAP-Mitglied ist er ein geschätzter Kollaborateur des Nazi-Regimes, was auch seine spätere Aufnahme in die sogenannte "Gottbegnadeten-Liste" belegt. Die von Propaganda-Minister Joseph Goebbels und Adolf Hitler eigenhändig zusammengestellte Liste bewahrte die ausgewählten Künstler vor der Front.

Am 25. April 1944 zerstört ein Bombenangriff auf München auch die Tonhalle. Sie wird danach nicht wiederaufgebaut. Trotzdem kann nach Kriegsende im Mai 1945 wieder eine geregelte Probenarbeit stattfinden, allerdings ohne Kabasta. Aufgrund seiner NSDAP-Mitgliedschaft verbieten ihm die Alliierten die Tätigkeit als Dirigent.

Aufschwung in Sicht: Weltruhm und ein neuer Konzertsaal

Sergiu Celibidache | Bildquelle: picture-alliance/dpa Sergiu Celibidache, 1994 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Im Jahre 1979 wird Sergiu Celibidache Generalmusikdirektor der Landeshauptstadt München. Er verspricht, die Münchner Philharmoniker zu einem "Weltorchester" zu formen und München zu einer "Weltstadt" der Musik zu machen. Er veranstaltet legendäre Bruckner-Konzerte, deren Interpretationen ebenso faszinieren wie polarisieren. Sie tragen wesentlich zum internationalen Ruf des Orchesters bei. 1985, nach über 40 Jahren, beziehen die Philharmoniker dann wieder einen eigenen Konzertsaal: die neu gebaute Philharmonie im Gasteig.

Nach Celibidaches Tod übernimmt 1999 James Levine für fünf Jahre den Chefposten. Danach wird Christian Thielemann 2004 Chefdirigent: anfangs euphorisch gefeiert, gibt es mit ihm zunehmend Konflikte. 2012 wechselt er zur Staatskapelle Dresden. Lorin Maazel ist Retter in der Not und bleibt von 2012 bis zu seinem Tod zwei Jahre später. 2015 wird der russische Pultstar Valery Gergiev Chef des Orchesters. Er pflegt die Tradition und nimmt in Sankt Florian, der einstigen Wirkungsstätte Bruckners, einen gesamten Bruckner-Zyklus mit seinem Münchner Orchester auf.

Mahler und Strawinsky zum Festkonzert - live auf BR-KLASSIK

Valery Gergiev | Bildquelle: Alexander Shapunov Valery Gergiev dirigiert das Festkonzert der Münchner Philharmoniker. | Bildquelle: Alexander Shapunov Auf den Tag genau 125 Jahre nach dem ersten Auftritt, am 13. Oktober 2018, feiern die Münchner Philharmoniker ihren runden Geburtstag im Rahmen von Gergievs Festival "MPHIL 360°" mit einem Festkonzert, das BR-KLASSIK live überträgt. Mit der Aufführung der Achten Symphonie von Gustav Mahler greift Gergiev ein Stück Orchestergeschichte auf, wurde die "Symphonie der Tausend" doch 1910 in München unter Mahlers Leitung triumphal uraufgeführt. Der fast so alte Philharmonische Chor München, 1895 gleichfalls von Kaim gegründet, ist bereits vorher in der "Psalmensymphonie" von Igor Strawinsky gleichberechtigter Partner der Münchner Philharmoniker.

Infos zum Konzert

Samstag, 13. Oktober 2018, 19:00 Uhr

Festkonzert der Münchner Philharmoniker

Igor Strawinsky: "Psalmensymphonie"
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 8 - "Symphonie der Tausend"
Viktoria Yastrebova, Jacquelyn Wagner, Regula Mühlemann, Sopran; Wiebke Lehmkuhl, Gerhild Romberger, Alt; Stephen Gould, Tenor; Boaz Daniel, Bariton; Evgeny Nikitin, Bass; Johannes Berger, Orgel
Augsburger Domsingknaben; Philharmonischer Chor München; Einstudierung: Orfeón Donostiarra
Münchner Philharmoniker
Leitung: Valery Gergiev

Das ganze Konzert finden Sie hier zum Anhören.

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