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Zum Tod des Dirigenten Hans Stadlmair "Das Naturell hat mir geholfen"

Neben seiner Tätigkeit als Dirigent hat Hans Stadlmair über hundert Werke komponiert. Seine letzte große Uraufführung feierte der gebürtige Österreicher 2011 mit seinem Orchesterwerk „Miró“, das die Münchner Philharmoniker unter Christian Thielemann aufführten. Nun ist Hans Stadlmair gestorben.

Hans Stadlmair | Bildquelle: Münchner Kammerorchester

Bildquelle: Münchner Kammerorchester

Er galt als unprätentiös und uneitel. Die Musiker, mit denen er zusammen arbeitete, mochten ihn. Weil er ihnen auf Augenhöhe begegnete und sie als Menschen ernst nahm. Keine Spur von Maestro-Getöse.

Das Naturell, glaube ich, hat mir geholfen. Ich kann nur in den Wald hineinrufen, und so kommt’s wieder raus.
Hans Stadlmair

Die Hälfte verbrannt

Mit den Musikern kam er gut zurande. Aber neben seinen Dirigaten komponierte Stadlmair über hundert Werke. Die Hälfte davon liegt in Hellerau im Komponistenarchiv. Die restlichen Kompositionen hat er verbrannt. Sie hielten seiner Kritik nicht stand.

Mir ist halt heutzutage auch das Quintett von Franz Schubert lieber als mein Gesamtwerk. Und das sagt alles.
Hans Stadlmair

So kritisch Stadlmair sein Gesamtwerk selber sah, so erfolgreich war er doch als Komponist. Er schrieb für alle Gattungen außer der Oper. Viele seiner Stücke wurden über 100 Mal aufgeführt – demnach zu Lebzeiten ungewöhnlich oft. Dennoch stand er häufiger als Dirigent im Rampenlicht. Über 6000 Konzerte hat er weltweit dirigiert, über 500 Aufnahmen entstanden allein für den Bayerischen Rundfunk.

Vier Stunden Fußmarsch zur Musikschule

Stadlmairs Weg ist kein leichter: Als Junge vom oberösterreichischen Land kommt er 1929 in Neuhofen zur Welt, unweit von Bruckners Geburtsort entfernt. Die Zeiten sind hart: Der Vater gräbt Maulwürfe aus, um die Felle zu verkaufen – für fünf Groschen das Stück. Als Stadlmair zehn Jahre alt ist, bricht der Krieg aus. Die Pfarrersköchin schenkt ihm die alte Geige ihres gefallenen Bruders. Es dauert keine Stunde, da kann er schon ein paar Volkslieder, und schon bald lernt er an der Musikschule in Linz, vier Stunden Fußmarsch entfernt.

Zum ersten Mal Bruckner

In Linz spricht den jungen Musikschüler mit der Geige unterm Arm ein älterer Herr an und sagt ihm, Furtwängler sei in der Stadt und probe Bruckners 9. Symphonie mit dem Bruckner-Orchester.

Und da hab ich zum ersten Mal mit zwölf Jahren überhaupt das Symphonieorchester gehört. Ich weiß nur, dass ich die meiste Zeit geheult habe, weil ich so ergriffen war.
Hans Stadlmair

25 Jahre später steht Stadlmair selber am Pult des Bruckner-Orchesters. Und dirigiert: Bruckners Neunte. Ein erfolgreicher Dirigent ist er mittlerweile. Fast vier Jahrzehnte lang leitet Stadlmair das Münchener Kammerorchester.

Die glücklichste Zeit

Das sei seine glücklichste Zeit gewesen, sagte er selber am Ende seines Lebens. 1999, im Alter von siebzig Jahren, legte er den Dirigentenstab nieder. Sein letzter Streich: Die Gesamteinspielung der sinfonischen Werke des Bruckner-Zeitgenossen Joseph Joachim Raff mit den Bamberger Symphonikern. Danach gab es für Stadlmair vor allem eines: Reisen, Literatur, bildende Kunst und natürlich das Komponieren. Mit Hans Stadlmair geht jemand, der als Mensch bescheiden war, als Dirigent klar und zugewandt und als Komponist so begnadet wie emotional.

Am Mittwoch, den 13. Februar 2019 starb Hans Stadlmair im Alter von 89 Jahren in seinem Haus in München.

Sendung: "Klassik-Stars" am 15. Februar 2019 ab 18:05 auf BR-KLASSIK

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