Bayreuth hat einen neuen Lohengrin: nach der Absage von Roberto Alagna wird nun Piotr Beczala die Titelpartie übernehmen. Das hat die Agentur des Sängers am 4. Juli gegenüber BR-KLASSIK bestätigt. Alagna hatte nur dreieinhalb Wochen vor der Premiere einen Rückzieher gemacht. Mehr über Piotr Beczala im Porträt.
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Seine Karriere begann mit Fritz Wunderlich. Den hat Piotr Beczala als Musikstudent in einem polnischen Radiosender gehört: mit Händels „Ombra mai fu“. "Und ich bin baff gewesen", erinnert er sich, "denn ich habe gerade diese Arie für das Examen vorbereitet. Und ich hatte da meine Mühe damit, und plötzlich hör‘ ich jemanden, der singt das wie nichts, und das war ein unglaubliches Erlebnis.“
Piotr Beczala wurde mit 18 entdeckt, da sang er im Chor. Um sein Studium in Kattowitz finanzieren zu können, fuhr er nach Wien und sang drei Wochen lang auf der Kärntner Straße. Täglich bis zum frühen Abend – und dann ging’s in die Oper, ins Stehparkett. Mühelos wirkt seine Höhe, federleicht. Das war nicht immer so. Die große Sena Jurinac betreute ihn als jungen Tenor mit viel zu dramatischem Repertoire bei einem Meisterkurs und rettete ihn: "Das Problem bei Tenören ist meistens so, dass das Problem im Kopf ist, was die Höhe betrifft. Zuerst muss man glauben, dass man die hat. Wenn man’s nicht tut, hat man sie nicht."
Anna Netrebko und Piotr Beczala in der "Lohengrin"-Inszenierung in Dresden. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Piotr Beczala ist bescheiden, uneitel, fröhlich – und weiß schon lange, was er will und was er kann. Vieles inzwischen: Oper und Operette, Lied, französisches, italienisches und slawisches Repertoire, Mozart und seit neuestem auch Wagner: 2016 debütierte er (unter der Leitung von Christian Thielemann) als Lohengrin in Dresden: "Das war eine andere Anspannung bei der Vorbereitung – und da wusste ich nicht, wie ich von dem Wagner wieder auf die normale Spur komme. Aber die große Gefahr hab‘ ich überschätzt, das ist nicht so schwierig und nicht so anders."
Piotr Beczala hat seine Karriere sehr umsichtig und klug aufgebaut; er arbeitet immer im Team, mit seinem Agenten, seinem Stimmcoach, seiner Frau: "Ich bin nur der singende Teil", sagt er. Er geht gern ins Grüne, spielt Golf zur Entspannung. Und streift so lange durch den Wald, bis er Steinpilze findet. Er hat ein kleines Haus in Südpolen, eine Wohnung in Wien und auf dem Handy die Titelmelodie von „Thunderball“ als Klingelton. Der beste James Bond? Sean Connery. Unvergleichbar.
Mit dem Einspringen kennt er sich aus: als die Sopranistin Sonya Yoncheva kürzlich einen Liederabend in Zürich absagte, hatte Piotr Beczala wohl gerade nichts vor, bot Spätromantisches aus seiner polnischen Heimat und dazu Schumanns "Dichterliebe". Ein Triumph auch das. Übrigens: die Elsa in Dresden war damals Anna Netrebko. Ob sie bereut, dass sie heuer in Bayreuth die Elsa doch nicht singt?
Sendung: "Leporello" am 4. Juli 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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