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Nach Belästigungsvorwürfen gegen Plácido Domingo Star-Tenor zeigt Reue über sexuelles Fehlverhalten

Er übernehme "volle Verantwortung" für sein Fehlverhalten, ließ der spanische Opernstar Plácido Domingo am Dienstag in einer Mitteilung verlauten. Damit reagiert er auf Untersuchungen einer amerikanischen Operngewerkschaft. Erstmals entschuldigt sich Domingo bei den Frauen, die ihm sexuelle Übergriffe vorwerfen.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Ich möchte, dass sie wissen, dass mir der Schmerz, den ich ihnen zugefügt habe, wirklich leid tut", hieß es von Seiten Domingos in der Mitteilung vom Dienstag (25.02.2020). "Ich übernehme die volle Verantwortung für mein Handeln, und ich bin aus dieser Erfahrung gewachsen."

Reue, aber kein Schuldeingeständnis

"Ich habe mir in den letzten Monaten Zeit genommen, um über die Anschuldigungen nachzudenken, die verschiedene Kolleginnen von mir gegen mich erhoben haben», hieß es weiter in Domingos Mitteilung. "Ich verstehe jetzt, dass einige Frauen vielleicht befürchtet haben, sich ehrlich zu äußern, weil sie befürchten, dass ihre Karriere dadurch beeinträchtigt werden könnte." Das sei zwar nie seine Absicht gewesen, aber man sollte niemandem dieses Gefühl vermitteln. Damit zeigt der Sänger Reue, allerdings kommt die Aussage keinem Schuldeingeständnis gleich. Dennoch ist der Zeitpunkt von Domingos Statement nicht uninteressant: einen Tag, nachdem der amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein schuldig gesprochen wurde und kurz nach der Veröffentlichung der neuen Vorwürfe durch die Operngewerkschaft American Guild of Musical Artists.

Opernhäuser und Festsivals reagieren

Nach Domingos öffentlicher Entschuldigung wollen auch die Staatsoper Hamburg und die Salzburger Festspiele neu über die Engagements des Opernstars nachdenken. Bevor sie eine endgültige Entscheidung fällen, wollen sie aber beide erst weitere Informationen einholen. Die spanische Regierung hingegen reagierte sofort und sagte zwei Auftritte Domingos am Teatro de la Zarzuela in Madrid ab.

Neue Untersuchung der Operngewerkschaft American Guild of Musical Artists

Im August 2019 hatte zuerst die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) im Zuge der MeToo-Bewegung Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen Domingo öffentlich gemacht. Laut einer neuen Untersuchung der Operngewerkschaft American Guild of Musical Artists geben mittlerweile 27 Frauen an, von Domingo sexuell belästigt worden zu sein – oder sein unangebrachtes Verhalten bezeugen zu können. Die Vorwürfe lauten nach Angaben der Gewerkschaft: ungewollte Berührungen, von Küssen auf den Mund bis hin zu Begrapschen, Telefonanrufe spät in der Nacht mit der Bitte, zu seiner Wohnung zu kommen, ein beharrliches Dringen darauf, zusammen auszugehen, so dass sich manche Frauen wie Stalking-Opfer fühlten. Zwei Frauen sollen auch von sexuellen Beziehungen zu Domingo berichtet haben, zu denen sie sich wegen seiner Position in der Oper gezwungen fühlten. Ihren Abschlussbericht hat die Gewerkschaft noch nicht vorgelegt.

Berufliche Konsequenzen

Seit im Sommer 2019 die Vorwürfe gegen ihn laut wurden, hatte Domingo sie stets zurückgewiesen und versichert, dass all seine sexuellen Beziehungen und Handlungen "immer willkommen und einvernehmlich" gewesen seien. In den USA haben die Anschuldigungen Domingo erheblich geschadet. Im Oktober 2019 war er als Chef der Oper in Los Angeles zurückgetreten. Einige Opernhäuser und Orchester in den USA sagten Auftritte Domingos ab. In den meisten europäischen Institutionen – etwa bei den Salzburger Festspielen oder an der Berliner Staatsoper – hält man hingegen an Domingo fest. Die Vorwürfe seien rechtlich unbewiesen und ungeklärt – und damit kein Grund, Verträge zu kündigen.

Sendung: "Leporello" am 25. Februar 2020 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK