Das Mainfrankentheater Würzburg ist am Sonntag mit "Die Hugenotten" von Giacomo Meyerbeer in die neue Saison gestartet. Der bisher weitgehend unbekannte Japaner Tomo Sugao lieferte bei der Premiere als Regisseur eine packende Interpretation ab. Eine Premierenkritik von Peter Jungblut.
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Kritik - "Die Hugenotten" in Würzburg
Was für ein fulminanter Abend am Würzburger Mainfrankentheater! Stehende Ovationen und begeisterter Applaus für einen hoch motivierten, ja sensationellen Chor, für enorm engagierte Kostüm- und Maskenbildner und ein so ideenreiches wie energiegeladenes Regieteam. Wäre das Orchester unter Leitung von Enrico Calesso nicht immer wieder hörbar aus dem Takt geraten, das Opernglück wäre bei dieser "Hugenotten"-Premiere vollkommen gewesen. So musste der Dirigent beim Schlussapplaus etwas entschuldigend die Arme ausstrecken, offensichtlich hatte die Probenzeit nicht ganz gereicht oder die Nervosität war unter den Musikern, vor allem den Blechbläsern, zu groß gewesen.
Wie auch immer: Der bisher weitgehend unbekannte Japaner Tomo Sugao, Jahrgang 1979, lieferte eine grandiose Interpretation von Giacomo Meyerbeers Großer Oper "Die Hugenotten" ab: Über knapp vier Stunden hinweg packend von der ersten bis zur letzten Minute. In dem blutrünstigen Werk geht es um Glaubenskonflikte, was könnte aktueller sein? Bei Meyerbeer bekämpfen die Katholiken die Protestanten, aber es könnten genauso gut Sunniten und Schiiten, Christen und Juden sein.
Der in Sapporo geborene und seit einigen Jahren in Berlin lebende Tomo Sugao zeigte nichts weniger als den rasenden Zivilisationsverfall. Aus einer unterhaltungssüchtigen Spaßgesellschaft im Look der wilden zwanziger Jahre wird in Windeseile eine mordgierige Soldateska, nur, weil Eitelkeiten verletzt wurden, weil Eiferer das Volk aufhetzen. Bühnenbildnerin Julia Katharina Berndt hatte drei Guckkasten-Bühnen gebaut, die hin und her geschoben werden, das ganze Leben ist Theater, und ein kecker Erzähler führt mit seinem Zeremonienstab durch das Programm. Doch die Ereignisse entgleiten ihm zusehends, der Stab wird zerbrochen, er selbst Opfer eines blutigen Meuchelmords und die Raserei nimmt ihren Lauf.
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Komponist Meyerbeer hatte sich von der berüchtigten Bartholomäusnacht inspirieren lassen, der Nacht vom 23. auf den 24. August 1572, als in Paris und ganz Frankreich die Katholiken tausende von Protestanten niedermetzelten, im Auftrag und mit Wissen der Königinmutter - der Papst feierte das damals mit einer Gedenkmünze und einem Te Deum. Ein furchtbarer Zivilisationsbruch, der in Würzburg eindrucksvoll bebildert wurde. Am Anfang wird noch frivol getanzt, Kokain geschnupft, geneckt, gesungen und geliebt. Am Ende nur noch geschossen und marschiert.
Einen Chor über Stunden hinweg so beweglich, so glaubwürdig zu führen ist eine Meisterleistung von Tomo Sugao gewesen, von diesem Regisseur wird noch viel die Rede sein. In Japan wird er schon jetzt zu den wichtigsten Nachwuchstalenten gezählt. Ebenso überzeugend war die Arbeit des jungen Kostüm- und Maskenausstatters Pascal Seibicke. Jedes Chormitglied war individuell gestylt: Die Katholiken im eleganten, schimmernden Schwarzweiß der Stummfilmzeit, die Hugenotten mit feuerroten Haaren wie keltische Krieger. Unter den Solisten setzten vor allem Tenor Uwe Stickert in der Hauptrolle des hugenottischen Edelmanns Raoul, Bass Tomasz Raff als sein Diener und Claudia Sorokina als Königin von Navarra glanzvolle Akzente. Aber auch die übrigen Solisten begeisterten fast durchweg das Publikum. Ein ganz starker Abend am Mainfrankentheater, und ein überzeugender Auftakt der neuen Intendanz von Markus Trabusch.
"Die Hugenotten" sind am Mainfrankentheater Würzburg noch an folgenden Terminen zu sehen:
Am 09.10. und 20.11. um 15 Uhr.
Und am 16.10., 05.11., 02.12., 17.12., 15.01., 22.01. und 17.02. jeweils um 18 Uhr.
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