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Serie - Opernberufe Der Maskenbildner

Es ist ein Berufsstand, dessen Wurzeln bis in die Anfänge des Theaters reichen: den Maskenbildner. Einen von ihnen hat BR-KLASSIK bei der Arbeit im Würzburger Mainfrankentheater besucht.

Bildquelle: imago/Marco Stepniak

Serie: Opernberufe

Der Maskenbildner

Ein Morgen im Würzburger Mainfrankentheater, im dritten Stock geht es zur Maskenbildnerei. Jaroslav Drazil-Knoll beginnt seinen Arbeitstag im Flur zwischen Schminkraum und Modellierraum: an der Kaffeemaschine - und zwar unter Beobachtung des gesamten Würzburger Ensembles. Denn direkt hinter der Kaffeemaschine stehen Dutzende lebensgroße Modellköpfe im Regal. "Das sind maßgeschneiderte Schaumköpfe der Darsteller", sagt Drazil-Knoll. "Denn jeder hat einen eigenen, speziellen Haaransatz, und dann passen die Perücken umso besser. Wir haben sie unterteilt in 'Schauspiel, Oper, Chor, Ballett', und mir gefällt das hier, dass wir alles machen können, dass es ein Dreispartenhaus ist und ein gemütliches Theater. Es ist keine Fabrik; daher hat man auch Zeit für tolle plastische Arbeiten - und für alles, was man sonst so macht."

Die Ausbildung, so wie wir sie hier haben, ist einmalig!
Jaroslav Drazil-Knoll

Der Maskenbildner Jaroslav Drazil-Knoll | Bildquelle: Jochen Wobser Jaroslav Drazil-Knoll | Bildquelle: Jochen Wobser Die insgesamt zehn Maskenbildner am Mainfrankentheater machen tatsächlich alles: Glatzen ziehen, Untote schminken oder Koboldnasen modellieren. Deutsche Maskenbildner sind Allrounder und decken – im Gegensatz zu den spezialisierten internationalen Kollegen – sämtliche Bereiche ab. Welche dies sind, verrät Jaroslav Drazil-Knoll: "Erstens das Make-up: die Schminke, die nicht immer nur schön ist, sondern auch Charakterschminke. Dann die Haararbeiten, also Perücken, Bärte, alles Mögliche. Und dann gibt es noch die Modellierarbeit, das Plastische: Körperteile, Gesichtsteile. Die Ausbildung, so wie wir sie hier haben, ist einmalig und international auch absolut anerkannt. Auch in den größten Häusern weltweit sind oft Deutsche die Abteilungsleiter."

Zur Geschichte des Berufs

Schon zur Geburtsstunde der Tragödie und Komödie trugen die Schauspieler Masken. Die Darsteller in der griechischen Antike nutzen Vollmasken, um Rollen beider Geschlechter und innerhalb einer Vorstellung mehrere Figuren spielen zu können. In der Angangszeit des Berufsschauspiels - der Commedia dell‘ Arte der italienischen Renaissance - bedienten sich die Darsteller einer typisierenden Maske, mit der die Charaktereigenschaften ihrer Figur untrennbar verbunden waren. Der Beruf des Maskenbildners hat sich in den vergangenen Jahrhunderten entwickelt. Noch im 18. Jahrhundert war üblicherweise ein gewöhnlicher städtischer Friseur für die Gestaltung der Darsteller in Theater und Oper zuständig, Im 19. Jahrhundert etablierte sich die Profession des Theaterfriseurs, aus dem dann der Beruf des Maskenbildners hervorging. Heute besteht die Maskenabteilung eines deutschen Durchschnitttheaters aus etwa neun Mitarbeitern. In den USA und den meisten Ländern Westeuropas sind für die unterschiedlichen maskenbildnerischen Tätigkeiten verschiedene Experten zuständig. Der deutsche Maskenbildner dagegen ist Allrounder und deckt sämtliche Aufgabenbereiche ab: von Haar- und Perückengestaltung über Make-up bis zu plastischen Arbeiten wie dem Maskenbau. Filmgeschichte als Maskenbildner geschrieben hat der 2014 mit 92 Jahren verstorbene Dick Smith. Der US-Amerikaner war unter anderem für die optische Alterung von Marlon Brando in "Der Pate" zuständig und der erste Maskenbildner, der für sein Lebenswerk einen Oscar erhalten hat.

Vorbereitung im Friseurgeschäft

Seit 2002 ist Maskenbildner ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf in Deutschland: drei Jahre duale Ausbildung mit blockweiser Berufsschule und IHK-Prüfung. Eine Friseurlehre ist heute nicht mehr Voraussetzung. Während der Lehrzeit von Jaroslav Drazil-Knoll hingegen gehörte eine solche schon noch dazu: "Ich war in einem schönen Omi-Friseursalon, da habe ich viel mitnehmen können: weil wir hier am Theater viel mit Haaren arbeiten. Wir müssen durch alle Epochen frisieren können, Rokoko, Mittelalter, 20er Jahre… alles, was anfällt."

Blutige "Salome"

Der Maskenbildner Jaroslav Drazil-Knoll | Bildquelle: Jochen Wobser Jaroslav Drazil-Knoll mit "Kunstkopf" | Bildquelle: Jochen Wobser Über die Faszination an Science-Fiction-Filmen ist der 32-Jährige zur Maskenbildnerei gekommen - und am liebsten arbeitet er mit Gips, Ton oder Plastilin und setzt die Ideen von Regie und Ausstattung künstlerisch um. Eines seiner Lieblingsstücke ist der Kopf des Jochanaan aus dem Schlussgesang der Würzburger "Salome" vor zwei Jahren. "Das ist ein kompletter Kopfabdruck mit offenen Augen", erinnert sich Drazil-Knoll. "Er ist mit Sand gefüllt, dass er auch ein Gewicht hat wie ein echter Kopf. Und er hat so einen kleinen Kanal drin, mit Blut gefüllt. Die Sängerin musste auch wirklich mit dem Kopf arbeiten. Das war eine Riesensauerei, denn sie hat den Kopf im Wahn 'rumgeschleudert und die ganzen Kollegen wurden mit Blut bespritzt."

Erfüllende Tätigkeit

Tagsüber die kreative Arbeit im Atelier, abends der Einsatz mitten im prallen Theaterleben hinter den Kulissen. Bei großen Opern präparieren die Würzburger Maskenbildner bis zu 50 Chorleute für die Bühne - einen nach dem anderen. "Da geht’s zur Sache, aber das ist auch sehr lustig", sagt Drazil-Knoll. Ich genieße das dann auch, den Kontakt zu den Darstellern. Wir haben auch einen gewissen psychologischen Part, weil wir die Leute dann auch oft beruhigen oder auflockern. Wir sind die letzten, die die Darsteller zu Gesicht bekommen, bevor sie auf die Bühne gehen." Und all das macht den Maskenbildner zum Traumjob, auch wenn der mit einem Einstiegsgehalt von rund 1.600 Euro brutto nicht gerade reich macht - zumindest nicht finanziell:

Nicht reich an Geld, aber glücklich im Beruf und im Leben
Jaroslav Drazil-Knoll

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