Gelbes Hemd, grüne Hose, rote Haare – diese Ausstattung gehört zu Pumuckl, wie der Maßkrug zu Bayern. Im Jahr 1962 kam die erste Pumuckl-Geschichte als Hörspiel heraus. Hans Clarin in der Rolle des Pumuckl hat den Kobold mit seiner unverkennbar krächzenden Stimme zum Leben erweckt. Am 19. April erlebte der Pumuckl am Münchner Gärtnerplatztheater seine Uraufführung als Musical zur Musik von Franz Wittenbrink: ein temporeicher, humorvoller Abend mit viel Lokalkolorit.
Bildquelle: © Christian POGO Zach
Die Kritik zum Anhören
Kaum geht das Licht im Zuschauerraum des Gärtnerplatztheater aus, kräht es schon aufmüpfig aus den Lautsprechern. Man möge die Handys ausschalten. Und nicht filmen. Das sei Koboldgesetz. Was da zu hören ist, das klingt dem richtigen Pumuckl zum Verwechseln ähnlich. Bestens. Das Musical fängt schon mal gut an!
In der Schreinerwerkstatt von Meister Eder beginnt dann auch die Geschichte, nach einer kurzen, von volkstümlicher Blasmusik inspirierten Ouvertüre. Der alte Mann werkelt, nörgelt, schleift an einem Wandkästchen. Plötzlich fallen seine Werkzeuge wie von Geisterhand bewegt zu Boden, die Laune des Handwerkers ist miserabel. Es folgt die berühmte Verwandlungsszene: Der Kobold bleibt am Leimtopf kleben und wird für den Schreiner ab diesem Moment sichtbar. Schluss mit dem trantütigen Leben, jetzt hält eine turbo-mäßige Lebendigkeit Einzug und stellt den geordneten Alltag des alten Mannes auf den Kopf. Franz Wittenbrink und Anne X. Weber haben Passagen aus verschiedenen Pumuckl-Geschichten herausgepickt und für das Musical neu zusammen gefügt. Aber es ist nicht die Handlung, die einen bei der Stange hält, sondern die Leistung der Darsteller.
Benjamin Oeser gibt einen durchweg durchgeknallten, aber herrlich sympathischen Pumuckl. Perfekt ahmt er das weinerliche Vibrato von Hans Clarin nach, lässt die Stimme fast beim hohen C kippen und kreischt, das einem die Trommelfelle vibrieren. Auch gesanglich schafft er es, diese Höhe beizubehalten. Besonders gut gelingen Benjamin Oeser die zackigen Songs, in denen er seine Rotzigkeit lausbübisch raushängen lassen kann und er sich mit dem Schreiner in die Haare bekommt. Ferdinand Dörfler als Meister Eder steht seinem Paten Gustl Bayrhammer in Nichts nach. In den Sprechpassagen mit seinem neuen Hausgast und Quälgeist Pumuckl spielt er absolut überzeugend. Schließt man die Augen, meint man, eines der alten Hörspiele würde laufen. Auch die Gesangspassagen meistert dieser Meister Eder witzig und eigenbrötlerisch gleichermaßen. Und seine Schimpftiraden gurgeln dahin wie ein bayerischer Gebirgsbach.
Bildquelle: © Christian POGO Zach Apropos Bayerisch. Ohne Dialekt kein Meister Eder, das ist klar. In der Musicalfassung werden die Eingeborenen in Lederhosen personell erweitert. In regelmäßigen Abständen besucht Meister Eder nämlich das Wirtshaus. Dort trifft er auf ein halbes Dutzend Spezln. Wie einstmals in der Schlussszene beim "Königlich Bayerischen Amtsgericht", der Kultserie aus den 1970er-Jahren, hocken die Herrschaften in Tracht bierselig beisammen und klopfen Sprüche. Einmal mehr hat sich Komponist Franz Wittenbrink für den Wirtshaus-Song von Volksmusik inspirieren lassen: Jodler, Juchzer und Tubaklänge sorgen für sympathisches Lokalkolorit.
Auch die Damen können sich sehen und vor allem hören lassen: Mit Dagmar Hellberg als Frau Steinhauser, eine nervende Kundin von Meister Eder, wird auch der Badische Dialekt sympathisch und zum Lachen komisch. Angelika Sedlmaier als Monika Steinhauser und Marianne Sägebrecht als Lehrerin Frau Reitmayr verkörpern im knackigen Dirndl und mit komplizierter Hochsteckfrisur den Typus "bayerische Walküre".
Das Bayerische fehlt selbstverständlich auch nicht in den Details der Drehbühne: Die Frauenkirchtürme ragen über allem, der alte Peter ist angedeutet, bayerische Rauten verzieren das Portal des gräflichen Schlosses. In diesem spukt es, dank Pumuckl. Hier fährt Regisseurin Nicole Claudia Weber das ganze Programm aus: mit Nebelmaschine und dem ebenso engagiert agierenden wie gesanglich starken Kinderchor im Gespenster-Outfit.
Das große Schaulaufen zum Schluss, wenn alle, typisch Musical eben, ihre Stimme zum knallbunten, strahlenden Final-Song erheben, hat Franz Wittenbrink geschmackvoll kurz gehalten. So wird das Muscial "Pumuckl" zu einem temporeichen, humorvollen Abend, nicht nur für die vielen kleinen Besucher.
"Pumuckl - das Musical"
von Franz Wittenbrink und Anne X. Weber
Musikalische Leitung: Andreas Kowalewitz
Regie: Nicole Claudia Weber
München, Gärtnerplatztheater
Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage des Theaters.
Sendung: "Allegro" am 20. April 2018, 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK