Auf ihrer jüngsten CD erforscht Regula Mühlemann die historische Figur der Cleopatra - und begeistert Gesangsfans mit punktgenauer Ausdeutung der unterschiedlichen Rollen-Porträts von Komponisten wie Georg Friedrich Händel, Carl Heinrich Graun oder Antonio Sartorio. Warum es der Schweizerin aber besonders auch der junge Mozart angetan hat, verrät sie im Interview mit BR-KLASSIK.
Bildquelle: Esther Michel
BR-KLASSIK: Bald beginnt die Adventszeit. Das ist eine Zeit, in der auch in vielen Familien mehr gesungen wird als sonst während des Jahres. War das auch bei Ihnen zuhause so? Welche Rolle hat Musik und Singen in ihrer Kindheit gespielt?
Regula Mühlemann: Musik war wahnsinnig präsent, aber nicht nur klassische Musik oder Weihnachtsmusik, sondern einfach wirklich quer durch alle Stile hindurch. Meine Mama hatte Schallplatten en masse, sie hat auch Gitarre gespielt. Und es wurde bei uns überhaupt viel gesungen. Ich glaube, das war noch so ein bisschen beeinflusst von der Hippie-Zeit, dass man immer irgendwie startklar war und eben von Beatles über Volkslieder alles Mögliche gesungen hat. So hat Musik bei uns immer eine Rolle gespielt, aber an Weihnachten natürlich noch ein bisschen mehr.
BR-KLASSIK: Erinnern Sie sich an ein besonderes Lied, das Sie besonders gerne mit Ihrer Mutter gesungen haben?
Regula Mühlemann: Vor allem alles von den Beatles. Ich bin ein ziemlicher Fan und ihre Titel lassen sich ja auch einfach singen - auch ohne Gesangsausbildung.
Irgendwann habe ich gemerkt, dass meine Stimme die klassische Gesangstechnik braucht.
BR-KLASSIK: Sie haben dann später auch mal Pop gesungen.
Regula Mühlemann: Eigentlich habe ich das lange gemacht, bis ich dann gemerkt habe, dass meine Stimme irgendwie die klassische Gesangstechnik braucht. Ich bin jetzt nicht eine, die wie viele Popsängerinnen stundenlang "belten" (A. d. R.: eine unter anderem in der Pop-Musik angewandte Gesangstechnik, auch in höheren Registern mit viel Bruststimmenanteil zu singen) könnte. Ich glaube, dafür ist meine Stimme einfach nicht gemacht. Und das ist auch mit ein Grund, wieso ich mich für die Klassik entschieden habe.
BR-KLASSIK: Als Teenager waren Sie zum ersten Mal in einer Mozart-Oper und haben in Zürich den Figaro gehört. War damals für Sie klar: Das will ich auch machen?
Regula Mühlemann: Das war schon ein Schlüsselerlebnis, zumal ich mich damals lustigerweise nicht in die Susanna - die ich jetzt gerade gesungen habe und die wirklich eine Traumrolle ist - sondern in die Barbarina hineinprojiziert habe. Sie stand da mit einem kleinen Picknickkorb, und ich fand das so niedlich und so berührend, dass mich das schon ein bisschen gepackt hat. In dem Moment habe ich natürlich überhaupt nicht darüber nachgedacht, was das für einen langen Weg bedeutet, sondern dachte einfach nur: Ich will auch so was Schönes singen.
BR-KLASSIK: So funktioniert es ja auch oft - dass man sich ein Ziel setzt, um sich dann auf den Weg zu machen.
Regula Mühlemann: Absolut. Es ist einfach ein Gefühl, das in diesem Moment ausgelöst wurde - quasi ein Zaubermoment.
Ich hatte wirklich wunderschöne Erlebnisse - und ich habe sie immer wieder.
BR-KLASSIK: Sind Sie diesem Gefühl, diesem Zaubermoment, in Ihrer Karriere dann auch begegnet?
Regula Mühlemann: Immer wieder. Ich hatte wirklich wunderschöne Erlebnisse - und ich habe sie immer wieder. Das gehört fast zum täglichen Brot. Es ist ja ein schöner Beruf.
BR-KLASSIK: Einer Ihrer Lieblingskomponisten ist Mozart - und Mozart werden Sie auch am Sonntag singen, wenn Sie zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester auftreten, und zwar seine frühe Werke. Kann man denn Mozart in diesem Konzert von einer anderen Seite kennenlernen?
Regula Mühlemann: Ich finde es einfach unglaublich, was schon in dieser Musik steckt. "Die Schuldigkeit des ersten Gebots" hat er ja im Alter von elf oder zehn Jahren komponiert. Was da schon an Qualität in der Musik und auch an Menschenkenntnis zu finden ist - das hat mich wirklich berührt. Natürlich gibt es in der Musik auch ein ein paar Stellen, wo man sich denkt: Das war nachher besser. Aber ich finde es erstaunlich, dass dieses Kind sich schon so in diese Gefühlswelt hinein fühlen konnte. Diese Geister, die da vorkommen - das sind ja alles Allegorien ... Einfach wahnsinnig gut gemacht.
Bildquelle: Martin Förster - Sony Classical BR-KLASSIK: Sie haben im vergangenen Jahr zwei CDs veröffentlicht: eine mit unbekannten Mozart-Werken und dann ein Album mit Barock-Arien unterschiedlicher Cleopatra-Rollen. Beide CDs sind sehr gut angekommen.
Regula Mühlemann: Wenn ich ein Ziel oder einen Traum hatte, dann vielleicht, dass ich eines Tages Musik, die ich selber auswählen kann, auf eine CD bringen kann. Denn ich bin ein CD-Nerd. Ich habe mein ganzes Studium lang alle möglichen Platten gehört und ich bin total begeistert von CDs. Ich habe durch das Hören von Sängerinnen von früher und heute auch sehr viel gelernt. Dass ich das dann später auch selber CDs aufnehmen durfte, war ein Riesengeschenk. Und aus dieser Chance möchte ich natürlich das Beste machen.
Sonntagskonzert "Der junge Mozart" mit dem Münchner Rundfunkorchester
26.11.2017, 19.00 Uhr
Prinzregententheater
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