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Theater Augsburg Entscheiden Bürger über die Sanierung?

Am Theater Augsburg scheiden sich die Geister. Das marode Gebäude müsste dringend saniert werden. Doch die Kosten sind hoch und die Stadt ist stark verschuldet. Das sorgt auch für Proteste. Nun werden die Bürger dort selbst aktiv.

Bildquelle: Nik Schölzel

Theater Augsburg

Bürgerbegehren und Internet-Befragung zur Sanierung

Knapp 190 Millionen Euro soll die komplette Sanierung des Theaters Augsburg kosten - inklusive eines Neubaus mit zweiter Spielstätte, Probenräumen und Büros. Bis zu 107 Millionen Euro der Kosten übernimmt der Freistaat Bayern. Die restliche Summe müsste die Stadt Augsburg selbst aufbringen. Und das würde bedeuten, neue Schulden zu machen. Denn um die Finanzlage des Stadt steht es nicht zum Besten. Vor diesem Hintergrund startete am Montag die dritte und letzte Phase eines Bürgerbeteiligungs-Prozesses zur Zukunft der Augsburger Theaterlandschaft. Parallel dazu läuft eine Initiative für ein Bürgerbegehren gegen das Millionenprojekt.

Beteiligungsprozess für die Bürger

Unter dem Motto "Zukunft der Theaterlandschaft Augsburg" hat die Stadt Augsburg einen großangelegten Bürgerbeteiligungprozess ins Leben gerufen. Nach zwei großen Workshops begann am Montag die dritte und letzte Phase. Bis zum 24. April können die Augsburger auf der Internetseite der Stadt Augsburg ihre Meinung zur Theatersanierung äußern und eigene Vorstellungen einbringen. Der Beteiligungsprozess wird sehr gut angenommen. "Ich habe im Moment das Gefühl, dass die Bürger mehr und mehr auch das Konzept dieser Theatersanierung verstehen", freut sich Kulturreferent Thomas Weitzel. "Es geht nicht nur darum, einen Musentempel des 19. Jahrhunderts zu restaurieren und zu renovieren, sondern es wird eine Art Kulturzentrum am Kennedy-Platz entstehen, das ganz vielen und der gesamten Stadtgesellschaft offen stehen soll."

Theater gehört zur kulturellen Grundversorgung einer Stadt.
Thomas Weitzel, Kulturreferent Augsburg

Gegner melden sich zu Wort

Doch gegen das Millionenvorhaben regen sich seit mehr als einem Jahr Proteste. Eigentlich wollten die Kritiker die Ergebnisse abwarten. Doch weil der Stadtrat noch während des laufenden Beteiligungsprozesses erste Baumaßnahmen beschlossen hat, dachten sie um und brachten nun ein Bürgerbegehren auf den Weg. "Sind Sie dafür, dass die Stadt Augsburg die Sanierung des Theaters trotz angespannter Haushaltslage über Neuverschuldung finanziert?" lautet die Fragestellung. Die Stadt Augsburg müsste ihren Anteil von knapp 90 Millionen Euro über Kredite finanzieren.

Es sind viele formale Fehler geschehen.
Kurt Idrizovics, Initiator des Bürgerbegehrens

"Bevor man weitere Schulden macht, sollte man die Bürger fragen", sagt Kurt Idrizovics, Initiator des Bürgerbegehrens. "Das halte ich für legitim." Grundsätzlich sei er nicht gegen eine Sanierung des Theaters, betont Idrizovics. Allerdings müsse man sich das gut überlegen: "Man kann nicht eine eben gebaute Brechtbühne wieder abreißen. Und man muss auch die Freilicht-Bühne miteinbeziehen." Wegen formaler Fehler fordert er einen Neustart der ganzen Angelegenheit.

11.000 Unterschriften müssen die Initiatoren jetzt für das Bürgerbegehren sammeln. Das Argument der Kritiker, wegen des Theaters kämen andere Sanierungs-Projekte in Augsburg zu kurz, lässt Kulturreferent Weitzel nicht gelten. Man könne nicht das Theater etwa gegen die Schulen ausspielen. "Das Theater ist letzten Endes auch eine Bildungsinstitution", argumentiert er. Nicht nur die Schulen vermittelten Bildung, so Weitzel weiter: "Wenn wir an dem Kanon der großen bekannten Werke von Goethe, Beethoven, Brecht und Mozart festhalten wollen und diese nicht nur als trockenes Lesefutter in den Schulen behandeln wollen, dann brauchen wir auch eine Bühne, die diese Stücke aufführt."

Unterdessen musste die Stadt einen Fehler einräumen. Hatte es zunächst geheißen, das Theater müsse aus Brandschutzgründen mit dem Opernball Anfang 2017 schließen, kam nun die Nachricht, dass der Spielbetrieb nun doch bis Ende der Spielzeit 2016/17 weiterlaufen kann. Dass diese Option nicht klar kommuniziert worden sei, sei unglücklich und bedauerlich, entschuldigte sich Kulturreferent Weitzel. Auf das Bürgerbegehren hat dies aber keinen Einfluss.

Sanierung dringend notwendig

Juliane Votteler | Bildquelle: A.T. Schaefer Juliane Votteler, Intendantin des Theaters Augsburg | Bildquelle: A.T. Schaefer Seit 60 Jahren hat keine Stadtregierung das Haus grundlegend renoviert. Nun soll das Theater Augsburg auch eine erneuerte Bühnen- und Gebäudetechnik bekommen - barrierefrei und zugleich möglichst denkmalverträglich. Auch Brandschutz und Sicherheitsvorkehrungen müssen modernisiert werden. Nach fast zehnjähriger Planung hatte der Augsburger Stadtrat im vergangenen Juli eine umfassende Sanierung und Erneuerung beschlossen. Neben der Renovierung des bestehenden Gebäudes ist ein Neubau für eine zweite Spielstätte, Probenräume und Büros vorgesehen. Die angesetzte Bauzeit beträgt rund acht bis zehn Jahre. "Das Theater ist eines der schönsten Häuser, die ich kenne", sagt Philipp Peters, der Pressesprecher des Theater Augsburg. "Wir sind stolz, dass wir ein so tolles Theater haben", fügt er hinzu. Deshalb sei es wichtig, jetzt zu handeln: "Sonst bricht uns das Haus zusammen". Dass es bei der Finanzierung einer solchen Sanierung zu Verschuldungen komme, bezeichnet Intendantin Juliane Votteler als "selbstverständlich". Anders sei es nicht machbar, so Votteler.

Es ist für mich eine absolute Provokation, die hinter diesem Bürgerbegehren steckt.
Juliane Votteler, Intendatin des Theaters Augsburg

"Geben Geld aus, das wir nicht haben"

Dass das Gebäude marode ist und saniert werden müsste, steht außer Frage. Doch dass die Stadt einen neuen Kredit über 80 Millionen Euro aufnehmen soll, sehen viele kritisch. "Wir sind nicht prinzipiell gegen die Sanierung," erklärt Stadtrat Volker Schafitel von den Freien Wählern. "Wir sind gegen die Art der Sanierung und gegen die Kosten." Monströs erscheinen manchen die aktuellen Pläne. Schon im vergangenen Mai schrieben sie deshalb ans Rathaus einen offenen Brief. Die Kritiker fürchten Verschwendung. "Wir geben dauernd Geld aus, das wir eigentlich nicht haben," so Alexander Süßmair von den Linken. "Das kann sich eine andere Stadt vielleicht eher leisten, aber Augsburg kann sich das überhaupt nicht leisten."

107 Millionen Euro der Kosten würde der Freistaat Bayern übernehmen. Ein Teil der Fördergelder des Freistaats müsste allerdings an den Freistaat zurückgezahlt werden. Das macht der "Initiative Pro Theatermodernisierung jetzt" nichts aus. Die Unterstützer des Sanierungsprojekts haben mit einem Brief ebenfalls eine Offensive gestartet. Aus Sicht der Theaterfreunde ist der Zuschuss der Staatsregierung nämlich eine einmalige Zukunfts-Chance. Das Gebäude sei dann erstmal saniert. In vielleicht 50 Jahren müsste dann erst wieder was passieren. 

Das Theater ist auch ein Wirtschaftsfaktor.
Thomas Weitzel, Kulturreferent

In Augsburg fehlt das Geld überall. So ist das frisch sanierte Eisstadion noch nicht abbezahlt. Und auch für die Sanierung des Römischen Museums in der Dominikanerkirche fehlt das Geld. Trotzdem verteidigt Kulturreferent Thomas Weitzel das Projekt. Er glaubt, dass durch das neue Klinikum, das Augsburg bekommen soll, auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden, was die Gesamtsituation verbessern soll. "Wir ringen auch um die Standortqualität", sagt Weitzel. "Und das Theater ist ja auch ein Wirtschaftsfaktor, auf den wir nicht verzichten wollen."

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