BR-KLASSIK

Inhalt

Künstliche Intelligenz vollendet Beethoven Uraufführung der 10. Symphonie

Wie klänge Beethovens 10. Symphonie, wenn sie nicht unvollendet geblieben wäre? Das kann man nun am 9. Oktober hören. Denn aus wenigen handschriftliche Skizzen des Komponisten hat ein Computer die Symphonie zu Ende komponiert – mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Die mit Spannung erwartete Uraufführung findet am 9. Oktober mit dem Beethoven Orchester Bonn unter der Leitung von Dirk Kaftan statt.

Ludwig van Beethoven | Bildquelle: dpa-Bildfunk

Bildquelle: dpa-Bildfunk

Über 40 Skizzen hat Ludwig van Beethoven für seine Symphonie Nr. 10 hinterlassen, als er 1827 starb. Teilweise sind es nur kurze, unausgearbeitete Fragmente. Ist es wirklich möglich, aus diesen musikalischen Versatzstücken ein Werk im Sinne Beethovens zu komponieren? Ein Forscherteam um den Musikwissenschaftler Matthias Röder hat eine eigene Antwort auf diese Frage gefunden – mithilfe Künstlicher Intelligenz. "Wir haben die Skizzen in den Computer eingelesen und die Künstliche Intelligenz hat diese Skizzen fortgeführt," erklärt Röder im Gespräch mit BR-KLASSIK.

Künstliche Intelligenz analysiert Beethovens Stil

Eine Skizze aus der mit künstlicher Intelligenz fertig gestellten 10. Sinfonie von Beethoven.  | Bildquelle: picture-alliance/dpa Eine Skizze aus der mit künstlicher Intelligenz fertiggestellten 10. Sinfonie von Beethoven. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Damit das funktioniert, musste die KI zuerst trainiert werden. Das Team "fütterte" die Maschine mit zahlreichen Werken Beethovens: Symphonien, Klaviersonaten, Streichquartette. So lernte der Computer Beethovens Stil kennen und konnte die Fragmente im gleichen Stil weiterschreiben. Dennoch darf man sich keine falschen Vorstellungen machen, so Röder: "Es ist nicht so, dass man auf den Knopf drückt – und hinten kommt eine fertige Symphonie heraus." Die Fortführungen des Computers klangen sehr "trocken" und emotionslos, erzählt der Musikwissenschaftler. Die Aufgabe seines Teams war es also, aus den zahlreichen Vorschlägen der KI die geeigneten Versionen auszuwählen, miteinander zu verbinden und zu orchestrieren. "Jetzt klingt das Stück wie andere Symphonien auch."

Es ist nicht so, dass man auf den Knopf drückt – und hinten kommt eine fertige Symphonie heraus.
Matthias Röder, Musikwissenschaftler

Inspirationsquelle und Werkzeug für Komponisten

Es gibt mittlerweile zahlreiche Versuche, Computer programmieren zu lassen. So wurde etwa die Unvollendete von Franz Schubert weitergeschrieben und im Februar 2019 in London uraufgeführt. Aber welchen Nutzen haben solche Forschungsprojekte für Musikerinnen und Musiker? "Komponistinnen und Komponisten können die Künstliche Intelligenz auch mit ihrer eigenen Musik trainieren", erklärt Röder. Wenn die Software ihren Stil kennt, kann sie als Werkzeug beim Kompositionsprozess helfen, indem sie etwa Passagen ausarbeitet oder neue Inspiration bringt. Das sei vergleichbar mit Assistenten oder Schülern von Komponisten der Vergangenheit, die auch häufig Partituren kopiert oder ausgearbeitet haben. "Und wer weiß, vielleicht finden ja so noch mehr Menschen zur Musik."

Live dabei sein

Sie können bei der Uraufführung von Beethovens 10. Sinfonie live dabei sein – das Konzert wird live und kostenlos im Internet übertragen.

Sendung: "Allegro" am 8. Oktober 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (5)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Sonntag, 10.Oktober, 02:16 Uhr

Christoph Lerch

10. Sinfonie Beethoven

vor vielen Jahren veröffentlichte Phillips eine Schallplatte mit spirituell empfangenen Kompositionen verschiedener, verstorbener Komponisten. Auf der Plattenhülle steht geschrieben, daß Beethoven die Empfängerin, das Medium Frau Rosemary Brown, u.a. auch seine 10. Sinfonie hören ließ. Rosemary Brown bemerkte dazu, sie sei wunderschön gewesen... Ob sich Herr Beethoven in die KI und in die "Vollender" dieser zwei Sätze ebenfalls eingeklinkt haben mag? Rosemary Brown kann Übereinstimmungen leider nicht mehr beschreiben.
Beethoven scheint mir hier Schubert und Mendelssohn etwas vorweg genommen zu haben? Ob das leider zeitgemäße, schnelle Tempo der folgenden 8. Sinfonie in diesem Konzert schon in der Uraufführung mitgewirkt hat? Wie auch immer, Lieberman empfahl seine Gewohnheit, ungewohnte Musik immer erst fünfmal zu hören...

Donnerstag, 08.Juli, 14:44 Uhr

christiane

10. Sinfonien von Beethoven

Das fertigschreiben einer Symphonie von Beethoven mit Hilfe der künstlichen Intelligenz mag zwar technisch möglich sein, aber doch nicht das Gefühl beim hören der Sinfonie erzeugen, dass entstanden wäre, wenn Beethoven dieses Werk hätte vollenden können. Für mich persönlich hat das keine kulturellen Wert

Donnerstag, 08.Juli, 10:39 Uhr

Jürgen Diet

Falsches Todesjahr von Beethoven

In Ihrem Beitrag hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen: Beethoven ist nicht 1727, sondern 1827 gestorben.

Antwort von BR-KLASSIK: Vielen Dank, da ist uns ein Tippfehler unterlaufen. Wir haben die falsche Zahl umgehend korrigiert.

Mittwoch, 07.Juli, 20:11 Uhr

W. Viereck

Ich sehe das ähnlich kritisch wie Herr Schneider. Das Ganze nur, weil man um jeden Preis ein Fragment aufführbar machen will? Wenn eine Fertigstellung durch den Tod des Komponisten verhindert wurde und es keine Fortführungen aus der Entstehungszeit gibt, sollte man das akzeptieren. Es reicht schon, dass sich heutige Komponisten und Musikwissenschaftler fragmentarisch hinterlassene Werke durch ihre Ergänzungen beziehungsweise "Überarbeitungen" zu "verbessern" versuchen - berühmtestes Beispiel: das Mozart-Requiem. Interessant fände ich allerdings folgenden "Qualtätstest": Eine KI soll ein vollendet hinterlassenes Werk fertigstellen und wird dazu mit verschiedenen anderen Werken des jeweiligen Komponisten "gefüttert" - außer mit dem fertigzustellenden, von dem nur ein Fragment eingegeben wird. Ich bin gespannt, ob da etwas Überzeugendes herauskäme - wenn ja, bekäme ich es mit der Angst zu tun...

Mittwoch, 07.Juli, 12:20 Uhr

Wilfried schneider

COMPUTER ERGÄNZT PARTITUR

Und was bringt das? Macht der Computer mittelmäßige "Notenschreiber" zu genialen Komponisten? Schafft der Computer einen zweiten Mozart oder Beethoven oder Schubert? Weiß der Trottel Computer, was diese Komponisten noch geschrieben hätten, wenn sie länger gelebt hätten? Man gebe ein paar Noten ein, lasse den Rechner arbeiten und erhält - na, was wohl? Ein unbedeutendes Machwerk, das man dann den Komponisten, die sich nicht mehr wehren können, unterschiebt. Für den Konzertsaal und den verständigen Musikhörer eher ein Graus als eine neue Erkenntnis. Musik ohne Seele, mehr nicht.

    AV-Player