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Werner Herzog zum 80. Geburtstag Der Regisseur und sein Verhältnis zur Musik

Sein bis heute berühmtester Film "Fitzcarraldo" erzählt von dem größenwahnsinnigen Plan eines von Klaus Kinski gespielten Exzentrikers, ein Opernhaus inmitten des Amazonas-Dschungels zu errichten. Zu seinem 80. Geburtstag hat Werner Herzog seine Erinnerungen vorgelegt – und sich darin auch Gedanken über "Die Verwandlung der Welt in Musik" gemacht.

Werner Herzog | Bildquelle: picture alliance / abaca | Marechal Aurore/ABACA

Bildquelle: picture alliance / abaca | Marechal Aurore/ABACA

Mit Musik zu arbeiten, "Musik zu atmen, eine Welt in Musik zu verwandeln“, das habe ihn immer vollständig auf seine "eigene Mitte" gebracht, schreibt Werner Herzog in seinen Erinnerungen mit dem Titel "Jeder für sich und Gott gegen alle". Das klingt so, als sei sein Verhältnis zur Musik ein ungebrochenes. Doch dann erzählt Herzog, der 1985 in Bologna seine erste Oper inszenieren sollte – Ferruccio Busonis "Doktor Faust" –, von einem traumatischen Schulerlebnis im Musikunterricht:

Ein Lehrer zwingt Werner Herzog, vor der ganzen Klasse laut zu singen. Da ist er 13 und im Stimmbruch. Eine Tragödie für den gerade Pubertierenden. Seine Freunde werden zur Geisel genommen: Die Klasse darf das Zimmer nicht verlassen, bevor Herzog gesungen hat. Er singt – und weiß: Danach wird er nie wieder singen. "Ich habe dadurch im Musikunterricht wie ein Autist teilgenommen", erzählt Werner Herzog heute. "Vier, fünf Jahre lang ohne Musik. Im Moment, wo ich die Schule verlassen hatte, war eine riesige Lücke da, keine Musik gehabt zu haben. Und das habe ich aufgeholt im Schnellstverfahren und völlig mich eigens orientierend."

Werner Herzog inszeniert Opern in Mailand, Paris und Bayreuth

Der Film "Fitzcarraldo" gehört zu dem wohl bekanntesten Film von Herzog und Kinski. | Bildquelle: Werner Herzog Film GmbH Klaus Kinski in Werner Herzogs Film "Fitzcarraldo", der vom Plan handelt, ein Opernhaus inmitten des Amazonas-Dschungels zu errichten. | Bildquelle: Werner Herzog Film GmbH So wurde Werner Herzog, dessen sanft-beharrliche, raue Stimme heute sein weltweit bekanntes, oft karikiertes Markenzeichen ist, in musikalischer Hinsicht ein Autodidakt. Nach dem Ende der Gymnasialzeit begann er, wie wild Musik zu hören. Angefangen mit Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach, Johannes Ciconia oder Orlando di Lasso und Carlo Gesualdo. Später kamen Beethoven, Mozart und Wagner dazu. "Also völlig wie im Blindflug, aber irgendwie habe ich das, was wichtig war, angesteuert – wie, weiß ich nicht." Bis heute, sagt Herzog, könne er fast keine Noten lesen. Auch besucht er nie Opernaufführungen. Und doch hat er an vielen großen Opernhäusern gearbeitet: ob nun in Mailand, Paris, Tokyo, Washington, Rio de Janeiro, Madrid oder auf dem Grünen Hügel in Bayreuth, wo er 1987 den "Lohengrin" inszenierte. Keine schlechte Bilanz für einen, der der Welt der Oper eigentlich fernsteht.

Ich habe Opern inszeniert, ohne zu wissen, wie das auszusehen hat.
Werner Herzog

"Ich habe Opern inszeniert, ohne zu wissen, wie das auszusehen hat. Und vielleicht haben deswegen meine Inszenierungen, vor allem die ersten, völlig anders ausgesehen als das, was im Trend war", erzählt Herzog. Das fiel auf, auch Wolfgang Wagner, der Werner Herzog nach Bayreuth holte. "Ich habe ihm sofort gesagt, Opern inszeniere ich nicht, das ist nicht mein Metier, ich kann nicht mal Noten lesen. Und der hat mich dann überredet."

Von Märchenkönig Ludwig II. inspiriert

Der kunstsinnige bayerische Märchenkönig Ludwig II. und seine Liebe zu Richard Wagner war nicht ganz unschuldig daran, dass der im Chiemgau aufgewachsene Werner Herzog die Oper bis heute für einen faszinierenden Ort hält. Zu Ludwig II. hält der nun 80-jährige bayerische Künstler in bedingungsloser Treue. "Ludwig II. hat Richard Wagners 'Lohengrin' in einer von ihm selbst entworfenen Höhle für sich als einzigen Zuhörer aufführen lassen. Ein wunderbarer Mann, ich liebe ihn dafür. Und er war natürlich wahnsinnig, und er hat unglaubliche Sachen gemacht, er ist in der bayerischen Seele tief verankert." Wir müssen uns Werner Herzog wohl wie einen Ludwig II. redivivus vorstellen.

Sendung: "Allegro" am 5. September 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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