Niemand hängt seine Schlagzeug-Becken höher als Al Foster. Der legendäre Drummer, der - fast - mit allen Stars des Jazz spielte, wird am 18. Januar 2018 75 Jahre alt. Ein Interview mit BR-KLASSIK über seinen Schlagzeugstil und Musiker, die er verehrt.
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Aloysius strahlt. Beim Spielen, beim Interview, beim Plaudern mit seinen Fans. Aloysius "Al" Foster ist ein freundlicher, offener und, in Anbetracht der vielen großartigen Aufnahmen die er gemacht hat, sehr bescheidener Mensch. Er steht in einer Reihe mit den Legenden des Jazz und trotzdem macht er in fast jedem seiner Sätze deutlich, wie sehr er zu den Helden dieser Musik aufblickt.
BR-KLASSIK: Herr Foster, was war ihre erste Berührung mit dem Jazz?
Al Foster: Meine Mutter erzählte, dass bei meiner Geburt auf der Station im Krankenhaus "Sing, Sing, Sing" im Radio lief [Anmerkung der Redaktion: sehr berühmtes Stück des Benny Goodman Orchestra] und Gene Krupa spielte sein Schlagzeugsolo. Mit drei oder vier Jahren habe ich angefangen, auf Töpfen und Pfannen herumzutrommeln. Meine Großtante kaufte mir daraufhin eine Übungstrommel, weil meine Mutter sich über den Lärm der Pfannen und Töpfe beschwerte. Als ich zehn Jahre alt war, schenkte mir mein Vater ein kleines Gretsch-Drumset, nur Snare, Bassdrum, ein Becken und Hi-Hat. Aber zu diesem Zeitpunkt nahm ich das nicht so ernst. Ich spielte vielleicht sechs Monate und danach landete das Schlagzeug im Schrank bis ich ungefähr dreizehn Jahre alt war. Da hörte ich das Stück "Cherokee", gespielt von Schlagzeuger Max Roach und Trompeter Clifford Brown - und dann begann ich ernsthaft zu spielen.
BR-KLASSIK: Sie haben mit fast allen Legenden des Jazz gespielt. Gibt es einen Moment, an den Sie sich besonders erinnern?
Al Foster | Bildquelle: J.f.moreno-dpa Al Foster: Tenorsaxophonist Sonny Rollins wollte mit mir im Jazzclub Village Vanguard spielen. Ich war so nervös, ich hatte noch nie vorher mit ihm gespielt und es gab keine Probe. Aber am Abend vor den Konzerten, an einem Montag, rief er mich an, ob wir uns im Vanguard treffen könnten, nur wir zwei. Wir spielten ein paar Straight-Ahead-Stücke und dann fragte er mich, ob ich Kalypso spielen könne. "Ich glaube schon", sagte ich und begann zu spielen. Das wars. Ich war engagiert und er sagte mir, wann ich am nächsten Tag im Club sein solle.
BR-KLASSIK: In der Band von Trompeter Miles Davis spielten Sie mehr als zehn Jahre, er galt als schwieriger Bandleader. Wie war Ihr Verhältnis?
Al Foster: Es war etwas ganz Besonderes für mich, mit ihm zu spielen. Er war ein großartiger Mensch. Es hat mich schwer getroffen, dass er so krank war und er mir nichts davon erzählt hat. Ich besuchte ihn ihm Krankenhaus und war geschockt, wie er so da lag. Ich hatte zwei Monate vorher noch bei einem seiner letzten Konzerte mit ihm gespielt.
BR-KLASSIK: Wie hat sich das Schlagzeugspiel im Laufe ihrer Karriere verändert?
Al Foster: Im Swing der 30er Jahre war die Bassdrum für die Time verantwortlich, sie spielte die Viertel mit. Diese Aufgabe wechselte erst nach dem Bebop, um 1950, zum großen Becken. Die Schlagzeuger im Bebop spielten im Grunde noch den Swingstil. Max Roach und Kenny Clark führten diesen Wechsel aufs Becken ein. Sie benutzten die Bassdrum nur noch für Akzente. Das ist die Hauptaufgabe des Beckens, den Takt zu halten, aber mit möglichst viel Swing-Feeling. Die anderen Musiker sollen unbedingt mit dir Solo spielen wollen, also musst du swingen.
BR-KLASSIK: Sie haben einen ganz besonderen Schlagzeugstil. Ihre Becken hängen sie ganz hoch und sie stehen fast senkrecht. Da überträgt sich der Schall leichter ins Publikum, gibt es sonst noch Gründe?
Al Foster: Ich habe mir das so angewöhnt. Der Schlagzeuger Mel Lewis kam eines Abends im Birdland zu mir und sagte: "Jetzt ist es gut, die Becken so hoch aufzuhängen, aber wenn du älter wirst, werden deine Arme runterhängen." Ich hatte die Becken wirklich hoch und er hat recht: Die Becken wandern immer weiter runter je älter ich werde und im Januar werde ich 75.
Früher spielten wir einfach wie wir wollten, heute studieren die jungen Musiker und sie lernen alles richtig. Ich habe von Platten gelernt.
Jazztime: Jazz auf Reisen am 19. Januar 2018
Er heißt Aloysius, und Jean-Pierre ist auch dabei: Das Quintett des Schlagzeugers Al Foster, einst der Drummer hinter Miles Davis ("We Want Miles") und anderen Hauptfiguren des modernen Jazz, beim 7. Birdland Radio Jazz Festival in einem Mitschnitt vom 31. Oktober 2017 im Jazzclub Birdland in Neuburg an der Donau Das Quintett des Schlagzeugers Al Foster beim 7. Birdland Radio Jazz Festival Mit Wayne Tucker, Trompete, Mike DiRubbio, Altsaxophon, Adam Birnbaum, Klavier, Doug Weiss, Bass, und Al Foster, Schlagzeug Aufnahme vom 31. Oktober 2017 im Jazzclub Birdland, Neuburg an der Donau.
Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer