Raül Refree, einer der innovativsten Produzenten Europas, trifft auf die portugiesische Sängerin Lina. Gemeinsam wagen sie ein Update der großen Fadokunst mit seinen leidvollen Texten und melancholischen Melodien. Sie trennen sich von den strikt eingehaltenen Traditionen der für Portugal so wichtigen Musik und verzichten auf die Gitarren, die lange das Markenzeichen des Fado waren. Neu sind nun Klavier, Keyboards, Akkordeon und ein analoger Synthesizer.
Bildquelle: © Glitterbeat
"Musik der Welt"
CD-Tipp: Lina_ Raül Refree
Traditionen hinter sich lassen, um den Fado ins 21. Jahrhundert zu holen. Dunkle Klangwolken vom Synthesizer, lichte Piano-Arpeggien und flächige Bordun-Klänge umhüllen die zurückhaltende, fast zerbrechliche Stimme der jungen portugiesischen Sängerin Lina. Die Fado-Klassiker der großen Interpretin und Landsmännin Amália Rodrigues, die als Vorlage dienten, werden in neuer Instrumentierung weitergedacht. Und stellen die Melodie ganz ins Zentrum.
Lina, die aus einer angesehenen Fado-Familie stammt, wählte die Stücke aus, Lieder, die sie kannte und liebte. „Ich kann nichts singen, was ich nicht fühlen kann“, sagt sie. Und weiter: “Wir haben die Texte oder Melodien nicht verändert. Es gibt keine traditionellen Instrumente, aber die Emotion und das Gefühl in allen Stücken ist absolut Fado.“
Multiinstrumentalist Raül Refree, 1976 in Barcelona geboren, hatte bisher wenig Erfahrung mit der traditionsreichen Fado-Musik. Dieser Abstand tut der Interpretation gut. „Ich wollte sie nicht kennen“, sagt er, „ich wollte sehen, wie ich auf die Melodien reagieren würde“, beschreibt es Raül. Seine analogen Synthesizer-Klänge und subtilen Ambient-Sounds bringen einen unverstellten Blick von außen. Und begleiten sparsam Linas hochbeweglichen, aufregend vibrierenden Gesang, der in vielen Nuancen von Sehnsucht und flüchtiger Freude erzählt.
Dabei überwältigt Lina nie mit der genretypischen Gefühlsintensität. Umso klarer kommen dafür der Zauber der Melodien und die schmerzhafte Poesie des Fado zum Ausdruck. Und die minimalistische Soundwelt von Raül lässt ihrer phantastischen Stimme alle Freiheit und Energie. Intim und reduziert wirkt diese Musik, als würde das Duo ganz alleine für sich auftreten.
Neue Klänge für ein vertrautes Lied-Repertoire. Geschichte schreiben, indem man alte Regeln bricht. Und die Wurzeln dabei nicht vergisst.
Mit zärtlichem Tremolo in der Stimme und dezenten Arrangements sind Lina und Raül Refree vorgedrungen zur Seele des Fado: leicht unterkühlt, aber immer schmerzlich schön.
Und auf dem letzten Take kommt sie dann doch noch, die Gitarre, wenn auch nicht mit den Stahlsaiten der traditionellen portugiesischen Gitarre, sondern mit gezupften Nylonsaiten - und wirkt da fast fremd.
Lina, Gesang; Raül Refree, Klavier, Gitarre, Harmonium etc.
Label: Glitterbeat - GBCD/LP 085
Vertrieb: Indigo