Der ECHO ist die deutsche Glamour-Veranstaltung schlechthin. Eine glänzende Oberfläche, die mit dem Dasein eines Jazzmusikers zwischen verrauchtem Jazzclub und abgerocktem Proberaum nicht viel zu tun hat. Trotzdem - oder gerade deswegen - treffen sich jedes Jahr altgediente Jazz-Stars und auch Jazz-Frischlinge bei der ECHO-Preisverleihung. 2017 mit einigen großen Überraschungen unter den Nominierten.
Bildquelle: Esperanza Spalding, © Holly Andres
Es gibt Menschen, die kann man gar nicht genug ehren. Klarinettist Rolf Kühn zählt wohl dazu. Der mittlerweile 87 Jahre alte Musiker hatte schon 2011, zusammen mit seinem Bruder und Pianisten Joachim Kühn, den ECHO Jazz für sein Lebenswerk erhalten und letztes Jahr in der Kategorie "Saxophon/Holzblasinstrument".
Bildquelle: Harald Hoffmann
Schaut man auf die gerade erschienene Nominierten-Liste in dieser Kategorie, entdeckt man Rolf Kühn wieder. Ganz zu Recht steht er neben zwei Saxophonisten, die über 40 Jahre jünger sind als er. Rolf Kühn, immer noch ein junger Wilder. Übrigens: Sein jüngerer Bruder Joachim, demnächst 73, ist mit seinem Trio als "Ensemble national" nominiert. Die Liste hält noch einige alte Bekannte mehr bereit: John Scofield und Bill Frisell bei den Gitarristen, Branford Marsalis und Joshua Redman bei den Saxophonisten. Noch einfallsloser oder konkurrenzloser - weil einfach von herausragender Qualität - sieht es bei den Schlagzeugern mit Jeff Ballard, Antonio Sanchez und Peter Erskine aus.
Seit 2010 vergibt die Deutsche Phono-Akademie den ECHO Jazz an herausragende Jazzer für Veröffentlichungen aus dem vergangenen Jahr. Diese Veröffentlichungen müssen von einer Plattenfirma eingereicht werden. Aus den Einreichungen wählt eine Jury aus Vertretern von Plattenfirmen, Jazzpromotern und Journalisten die Nominierten aus. Die Jury hat kein Vorschlagsrecht. Es kann also passieren, dass aufsehenerregende CDs des letzten Jahres gar nicht in der Liste erscheinen, weil sie nicht eingereicht wurden. So findet sich zum Beispiel die jüngste CD des Gitarristen Wolfgang Muthspiel "Rising Grace" nicht in der Nominierten-Liste, wäre aber eine Veröffentlichung, die man darin suchen würde. Die Vergabe des ECHO Jazz richtet sich nicht nach den Verkaufszahlen, allein die Jury entscheidet, wer den Preis bekommt.
Am 1. Juni wird der Preis in Hamburg verliehen, hier finden Sie die komplette Liste der Nominierten.
2017 findet man durchaus Überraschungen unter den Nominierten, beispielsweise in der Kategorie "Klavier international": neben Altstar Kenny Barron und Überflieger Brad Mehldau steht der Vorarlberger David Helbock. Der österreichische Kreativ-Querkopf, der vor kurzem bei U21-VERNETZT zu Gast war, startet mit seinem Trio gerade durch. Schon 2006 ist Helbock im Alter von 22 Jahren beim Wettbewerb "Startbahn-Jazz" in Straubing aufgefallen, die Jazzredaktion von BR-KLASSIK zeichnete diesen Auftritt damals auf.
Bildquelle: © Bibbie Friman Am Freitag, 10. Februar, gibt es ein Live-Highlight mit dem Arne Jansen Trio, nominiert in der Kategorie "Ensemble national", Jansen steht auch bei den "Gitarristen national" auf der Liste. Das Trio ist an diesem Abend im Münchner Jazzclub Unterfahrt zu erleben. Direkt nach dem Konzert heißt es: die Jazztime auf BR-Klassik anschalten, da gibt es unter anderem Highlights aus dem Konzert des schwedischen Bassisten Lars Danielsson vom 5. Februar beim BMW Welt Jazz Award. Bei diesem Wettbewerb tritt am 12. März auch die Bassistin Eva Kruse auf. Beide kommen für den ECHO Jazz in der Kategorie "Bass" in Frage, einmal "national", einmal "international". Den Trompeter Frederik Köster, nominiert als "Blechbläser national", kann man in der Band des Schlagzeugers Jens Düppe am 18. Februar im Birdland in Neuburg an der Donau (BR-KLASSIK-Mitschnitt) hören. Eine Jazztime mit den amerikanischen Stars John Scofield, Brad Mehldau und Joshua Redman gibt es am Montag, 13. Februar, auf BR-KLASSIK. Alle drei sind auch für einen Grammy nominiert.