Einerseits ist "La La Land" reine Hollywoodunterhaltung mit bunten Bildern, selbstironischen Schauspielern und lässigem Soundtrack. Andererseits ein liebevolles Plädoyer für den Jazz und eine Hommage an ein vergessen geglaubtes Genre: das des Tanz- und Musical-Films. Nun wurde der Film in gleich 14 Kategorien für die diesjährigen Oscars nominiert.
Bildquelle: Summit Entertainment
Mit dieser sensationellen Rekordnominierung geht "La La Land" als großer Favorit ins Rennen; Damien Chazelles liebevolles Plädoyer für den Jazz zieht damit mit Filmen wie "Titanic" oder "Alles über Eva" gleich, die einst ebenfalls in 14 Kategorien an den Start gingen. Chazelles Streifen könnte unter anderem in den Kategorien beste Regie, bester Schnitt (Tom Cross) und beste Kamera (Linus Sandgren) abräumen. Auch die Hauptdarsteller Ryan Gosling und Emma Stone sowie Komponist Justin Hurwitz (beste Filmmusik und bester Song) wurden nominiert.
"Ich hasse Jazz". Das sagt sie einfach so, diese etwas tollpatschige weibliche Hauptfigur Mia. Bis zu diesem Moment wirkte sie eigentlich recht sympathisch. Doch ihr Gegenüber, Pianist Sebastian, weiß damit umzugehen und leistet sofort Überzeugungsarbeit im Jazzclub: Fünf ältere Herren in tadellosen Anzügen an Schlagzeug, Bass, Klavier, Tenorsaxophon und Trompete sollen Mia zeigen, was Jazz wirklich bedeutet. Und es wirkt. Aus der über Schmusejazzer Kenny G nörgelnden Schauspiel-Anwärterin wird ein echter Jazzfan.
Denn Jazz ist immer neu, immer ein Dialog und die Musik der bedingungslosen Leidenschaft. Das macht den Jazz zum perfekten Beispiel für alle Kunstschaffenden, die etwas Eigenes ausdrücken wollen. Vielleicht spiegelt das die innere Einstellung des Regisseurs Damien Chazelle wider, schließlich war er auch mal Jazzschlagzeuger, wurde dann aber zu einem Filmemacher, der großen Wert darauf legt, kompromisslos die eigenen Ideen umzusetzen.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
LA LA LAND Trailer German Deutsch (2017) Ryan Gosling, Emma Stone Musical
Los Angeles, Ort der Träume und Hoffnungen, ist Schauplatz und Treffpunkt von Zweien, die ziemlich weit unten angekommen sind. Mia eilt mit kaffeebefleckter Bluse zum aussichtslosen Casting und Sebastian soll gefälligst Weihnachtslieder im Restaurant klimpern und bloß nicht auf die Idee kommen, da etwas Eigenes hinein zu improvisieren. Dass gerade Weihnachten ist, merkt man im "La La Land"-LA übrigens nur an der Deko, ansonsten scheint immer - wirklich immer - die Sonne.
Zufällig laufen sich Mia und Sebastian ständig über den Weg und aus anfänglicher Antipathie wird doch Sympathie. Nach einer Eighties-Poolparty in den Hügeln über der Stadt steppen sie flott im Licht der untergehenden Sonne, eine feine Reminiszenz an die Legenden des Hollywood-Tanzfilms. Mit wie viel Lässigkeit, Slapstick und feinem Kitsch die beiden Stars samt quietschgelbem Kleidchen und perfekt sitzender Krawatte die Schuhe über den Asphalt gleiten lassen, da sind Ginger Rogers und Fred Astaire nicht weit. Überhaupt, das Timing: Die Dialoge sind zwar vorhersehbar, aber sie sind dynamisch, lustvoll und immer musikalisch, auch abseits der Songs. Die werden übrigens auch in der deutschen Fassung auf Englisch gesungen und sind untertitelt. Eine hervorragende Entscheidung, eingedeutschte Texte wären wahrscheinlich eine große Peinlichkeit geworden.
1/1
Bildquelle: Studiocanal
Die Musik insgesamt ist mitreißend, klingt aber oft nach schon mal gehört. Die Schauspieler singen ihre Parts selbst, was nicht immer brillant ist, dafür aber umso natürlicher rüberkommt. Die Orchesterarrangements sind Verneigungen vor den Großen wie Count Basie oder Nelson Riddle mit viel Platz für Flöten, Klarinetten und Streicher. Die Themen der Jazzcombos sind nah an den Stücken von Art Blakeys Jazz Messengers, viele klingen wie Varianten berühmter Themen von Benny Golson oder Bobby Timmons, und so soll es wahrscheinlich auch sein. Komponist Justin Hurwitz hat auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet und die, wie er kürzlich der LA Times erzählte, 1900 Klavierdemos, die er im Vorfeld für den Film erstellt hat, haben sich gelohnt.
Bildquelle: Summit Entertainment Wie läuft es nun mit den beiden ambitionierten Schöngeistern? Beide müssen sich durchbeißen und viel ackern für ihre Kunst. Mia lernt den Jazz lieben und schreibt, angefeuert von Sebastian, ein eigenes Solo-Theaterstück, das sie auch selbst aufführt. Er träumt weiter von seinem eigenen Jazzclub, in dem es keine musikalischen Zwänge und Richtlinien für die Musiker geben soll. Dafür wird Sebastian erst einmal zum Dienstleister und nimmt ein festes Engagement als Keyboarder in der Band eines Jugendfreundes an. Dort wird er für Jazzmusikerverhältnisse zwar fürstlich bezahlt, muss aber reichlich müden Pop mit jazzigen Anleihen, faden Synthie-Sounds und wildgewordenen Animier-Tänzern auf der Bühne abspulen. Sänger John Legend, der im Film einen Bandleader mimt, doziert dann hochtrabend, Sebastian zerstöre den Jazz, weil er in der Vergangenheit lebe. So viel sei verraten: Der Old-School-Jazz wird überleben. Wie es mit Mia und Sebastian, ihrer Liebe und ihrer Karriere ausgeht - das zu erzählen überlassen wir der Leinwand.
Auf den 73. Filmfestspielen von Venedig 2016 wurde Emma Stone für ihre Darstellung in "La La Land" zur besten Darstellerin gekürt. Bei den Golden Globes 2017 räumte der Film sieben Preise ab: bester Film (Komödie/Musical), Hauptdarsteller (männlich und weiblich), Regie, Drehbuch, Filmmusik, bester Filmsong ("City of Stars").
Regisseur: Damien Chazelle
Mit Emma Stone und Ryan Gosling
Kinostart: 12.01.2017