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Kostprobe | 05.04.2020 Countertenor Franz Vitzthum singt geistliche Arien von Händel

Nach dem Hype um die italienische Oper beschenkte Händel die Londoner mit opernhaften Oratorien. Eine Auswahl seiner geistlichen Arien präsentiert jetzt der Countertenor Franz Vitzthum auf seinem neuen Album. Wunderbar gefühlvoll mit glockenreiner Stimme.

CD-Cover: The life, the light, the way. Sacred Arias | Bildquelle: © Christophorus

Bildquelle: © Christophorus

Rund 25 Jahre lang war Georg Friedrich Händel in London der König der italienischen Oper. Und das, obwohl ihm Nicola Porpora mit dem Kastratenstar Farinelli gehörig Konkurrenz machte. Am Ende gingen dann beide Opernunternehmen pleite, weil die Londoner der italienischen Oper einfach müde waren. Zudem erlitt Händel an diesem Tiefpunkt einen Schlaganfall. Doch nach einem Kuraufenthalt in Aachen erholte er sich rasch wieder, und versuchte mit ungebrochener Schaffenskraft das englische Publikum zurückzugewinnen. Händel setzte auf die neue Gattung des Oratoriums.

Händel erfanf das Oratorium neu

Im Grunde erfand Händel das Oratorium neu. Zu englischen Libretti komponierte er sinnliche, klangvolle Musik mit Arien und Chören. Dabei mischte er Elemente der englischen Masque, der deutschen Kirchenkantate und der italienischen Oper zu einem äußerst populären Genre. Zwar gab es jetzt keine Kostüme, keine Kulissen und keinen Theaterdonner mehr, doch die ausgewählten biblischen Sujets ließen noch genug Platz für großes Drama. Schließlich erklangen diese Oratorien wie Saul, Susanna oder Solomon ja nicht in der Kirche, sondern im Theater. Aber es gab zugleich auch genügend Momente der Innigkeit und Spiritualität.

Barock-Sänger in Oper und Kammermusik

Und genau solche Momente stellt der Countertenor Franz Vitzthum auf seinem neuen Album zur Genüge her. Der Oberpfälzer, der seine Karriere bei den Regensburger Domspatzen startete und heute ein gefragter Barock-Sänger in Oper und Kammermusik ist, hat geistliche Arien aus Händels später Londoner Zeit versammelt. Dank seiner reinen, technisch makellosen, nicht sehr voluminösen, sondern eher ätherischen Altstimme sind es hier besonders die langsamen, gefühlvollen Arien, die große Wirkung erzielen. Manchmal sogar Gänsehautmomente wie in der Arie "Eternal source of light".

Pflicht für Händel-Fans

Aber Franz Vitzthum beherrscht natürlich auch das große Drama mit Koloraturfeuerwerk wie in Händels Arie "Mighty love now calls to arm". Kongenial und affektbetont begleitet wird das vom hervorragenden L'Orfeo Barockorchester unter der Leitung von Julian Christoph Tölle, dem Intendanten des Musikfestivals Fränkischer Sommer. Ja, es gibt mittlerweile eine kaum mehr zu überblickende Händel-Diskographie und monatlich mehrere Neuerscheinungen. Aber diese mustergültige CD sollte bei keinem Händel-Fan im Regal fehlen. Und bei denjenigen, die bislang um Händels Oratorien eher einen Bogen gemacht haben, wirkt sie als charmanter Eisbrecher. Weltlicher kann geistliche Musik kaum klingen.

The life, the light, the way. Sacred Arias

Georg Friedrich Händel
Franz Vitzthum (Countertenor)
L’Orfeo Barockorchester, Julian Christoph Tölle

Label: Christophorus

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 5. April 2020, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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