Jeder kennt Bachs berühmten Goldberg-Variationen? Aber wer kennt schon Johann Gottlieb Goldberg, nach dem sie benannt sind? Und wer kennt schon seine Musik? Dabei hat der jung verstorbene Bach-Schüler Goldberg einiges zu bieten. Seine Trio-Sonaten, gespielt von Ludus Instrumentalis, sind eine Entdeckung.
Bildquelle: © Ricercar
Wenn Künstler jung sterben und dennoch im Gedächtnis nachfolgender Generationen bleiben, dann liegt es meist daran, dass sie schon in jungen Jahren ein beachtliches Werk geschaffen haben. Das gilt für den Komponisten Giovanni Battista Pergolesi ebenso wie für den Maler August Macke oder die Bluessängerin Janis Joplin, die tragisch früh in ihren 20ern aus dem Leben gerissen wurden. Das gilt nicht für Johann Gottlieb Goldberg, der 1756, im Alter von nur 29 Jahren, in Dresden an der Tuberkulose starb. Dass man seinen Namen heute noch kennt, liegt an Johann Sebastian Bachs berühmten Goldberg-Variationen. Doch auch der junge Klaviervirtuose Goldberg hat ein zwar schmales, aber beachtliches Werk geschaffen. Auf einer Einspielung mit dem Ensemble Ludus Instrumentalis sind jetzt Goldbergs grandiose Triosonaten wiederzuentdecken.
Am bekanntesten dürfte vielleicht noch Goldbergs Trio-Sonate in c-Moll sein. Was daran liegt, dass sie lange als ein Werk von Johann Sebastian Bach galt. Sie hat sogar eine eigene Nummer im Bachwerkeverzeichnis bekommen, bis sich der Irrtum im 20. Jahrhundert aufklärte. Hier sind die stilistischen Anleihen an Bach am deutlichsten. Denn der 1727 in Danzig geborene Johann Gottlieb Goldberg war ein Schüler von Bach und dessen ältesten Sohn Wilhelm Friedemann. Der Diplomat Hermann Carl Graf von Keyserlingk hatte den talentierten Zehnjährigen von einer Reise nach Dresden mitgebracht, um ihn bei den Bachs ausbilden zu lassen. Tatsächlich bezeichnete Johann Sebastian Bach Goldberg als seinen fähigsten Klavierschüler. Er hatte die Gabe selbst schwierigste Partituren vom Blatt spielen zu können. In Goldbergs Trio-Sonaten finden sich aber nicht nur Einflüsse von Vater Bach, sondern auch neue Stile, wie den damals beginnenden Sturm und Drang.
Der junge Goldberg galt als verschlossener, melancholischer Charakter. Überliefert von ihm sind neben den vier Triosonaten und einem Quartett, die alle auf der neuen CD zu hören sind, nur zwei Kantaten, einige Cembalo-Konzerte und 24 Polonaisen für Klavier. Doch Goldberg hielt nicht viel von seinen eigenen Werken. Seine Polonaisen bezeichnete er als "elende Kleinigkeiten für Damen" und vernichtete vieles wieder von dem, was er komponiert hatte. Dabei zeigen gerade die Triosonaten seine Meisterschaft.
Gekonnt schafft Goldberg hier den Spagat zwischen Bachs alten Stil und dem neuen galanten Stil. Schöne Melodien, mutige Harmonien und kühne Tonartwechsel zeichnen die Stücke aus. Virtuos und beseelt eingespielt vom jungen russischen Ensemble Ludus Instrumentalis um das Geigerehepaar Anna Dmitrieva und Evgeny Sviridov, das jetzt in Köln beheimatet ist. Junge Interpreten für einen jung verstorbenen Komponisten. Eine hervorragende Kombination. Goldbergs Triosonaten sind eine Entdeckung.
Johann Gottlieb Goldberg
Ludus Instrumentalis
Label: Ricercar
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 19. September 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK