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Kostprobe | 06.03.2022 Im Schatten des Vesuv

Im 17. und 18. Jahrhundert war Neapel das musikalische Zentrum Europas. Hier traf sich, was in der Kunst Rang und Namen hatte. Das Ensemble "la festa musicale" nimmt uns mit auf einen bunten Streifzug durch Kirchen, Paläste und enge Gassen. Hier wird geliebt, getrauert, getanzt und ausgelassen gefeiert.

CD-Cover: Storie di Napoli | Bildquelle: © audite

Bildquelle: © audite

Zwei Vulkane. Der eine ragt hoch in den Himmel: der Vesuv. Unten, in seinem gefährlichen Schatten, der andere Vulkan: Neapel. Nach wie vor bunt, fesselnd, einzigartig, aber doch im internationalen Vergleich ein wenig abgehängt, wenn's um Kunst geht. Wie sich die Zeiten ändern! Denn im 17. und 18. Jahrhundert war Neapel das kulturelle Epizentrum Europas. Nicht nur eine glühende Lavamasse der Sinnenfreude und Zügellosigkeit waberte durch die verwinkelten Gassen, sondern auch ein pulsierender Atem, nein, ein Feuersturm unbändiger Kreativität.

Vor allem die Ausbildung junger Musiker in Neapel galt als vorbildlich und setzte europaweit Maßstäbe. Und wer danach Karriere machen wollte oder bereits gemacht hatte, für den war Neapel neben London "the place to be". Hier entschied sich, was - und vor allem wer - angesagt war. Ein künstlerischer Schmelztiegel, der übrigens ab 1735 über das größte Opernhaus der Welt verfügte.

Geschichten aus Neapel

Wo die Sonne des Südens auf Kirchen und Paläste brennt, wo Leben und Tod, Armut und Reichtum, Lust und Laster so eng miteinander verbunden sind wie sonst wohl kaum irgendwo, dort klingt auch Musik anders. Die hinreißende Blockflöten-Virtuosin Barbara Heindlmeier erzählt zusammen mit ihrem Barockensemble "la festa musicale" Geschichten aus Neapel, "Storie di Napoli". Herausgekommen ist eine Art kleiner Stadtführer, der bei Neapels Gründungslegende ansetzt, seine mystische Unterwelt erkundet, den Weihrauch der Frömmigkeit atmet und die Lebensfreude auf Plätzen und Gassen einfängt.

Opernarien und Streicherconcerti

Im Wechsel erklingen Opernarien der Zeit um 1700 und Streicherconcerti von teilweise völlig unbekannten, aber unbedingt hörenswerten Barockkomponisten aus Neapel. Maria Ladurner schwingt sich weitgehend trittsicher aufs Hochseil der Koloratur-Kunst und singt von Sehnsucht, Trauer und - wie könnte es in Neapel anders sein - von Liebe und Leidenschaft.

Tanz auf dem Vulkan

Die Lebendigkeit dieses bunten Panoramas wird noch dadurch gesteigert, dass die Instrumentalstücke oftmals nicht en bloque, sondern satzweise zwischen den Arien gespielt werden - eine gute Art der dramaturgischen Intensivierung. Am Schluss dann geht's aus dem Opernhaus oder opulentem Palazzo hinaus auf die Straße. Dort wirbelt alles durcheinander, was Beine hat, und tanzt so ausgelassen, wie man es wohl nur auf dem sprichwörtlichen Vulkan tun kann.

Storie di Napoli

Francesco Mancini, Domenico Sarro, Nicola Fiorenza, Alessandro Scarlatti, Giuseppe Porsile
Maria Ladurner, Sopran
Barbara Heindlmeier, Blockflöte und Leitung
la festa musicale
Label: audite

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 6. März 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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