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Alessandro Piccinini Lautenvirtuose des frühen 16. Jahrhunderts

Alessandro Piccinini war der Star einer ganzen Familie von Lautenvirtuosen des frühen 16. Jahrhunderts. Seine Kompositionen für Erzlaute und Chitarrone werden noch heute hochgeschätzt. Sie sind gefällig und virtuos

Bildquelle: © colourbox.com

Alessandro Piccinini entstammt einer bekannten Musikerfamilie. Schon sein Vater Leonardo Maria Piccinini war ein geachteter Lautenist im Dienste hoher Herren. Er brachte nicht nur Alessandro, sondern auch seinen Brüdern Girolamo und Filippo das Lautenspiel auf höchstem Niveau bei. Vater Piccinini und seine drei Söhne waren über 15 Jahre lang am Hof des Herzogs Alfonso II. in Ferrara als eine Art Kelly Family des Lautenspiels beschäftigt. Und Alessandro muss der virtuoseste unter ihnen gewesen sein. Denn er gehörte zu den bestbezahltesten Musikern am Hofe. Ein Familientier war er obendrein. In seinem ersten Buch mit eigenen Lauten- und Theorbenwerken schreibt er, wie gerne er mit seinen Brüdern gemeinsam auf unterschiedlich gestimmten Lauten musiziert hat. Und er erklärt, wie wichtig es ist, seine musikalischen Partner zu respektieren und wie falsch, sich in Szene zu setzen und die anderen übertreffen zu wollen. Der Star der Piccinini Family besaß anscheinend einen ausgeprägten Ensemblegeist.

Gut bezahlter Virtuose

Allerdings fand die Familienseligkeit 1597 mit dem Tod von Vater Piccinini und dem ihres Arbeitgebers Alfonso II. ein Ende. Ein paar Jahre lang waren die Brüder noch beim Kardinal Pietro Aldobrandini in Rom beschäftigt, doch dann trennten sich ihre Wege. Girolamo trat in die Dienste des Kardinals Guido Bentivoglio und starb bald darauf in Flandern. Filippo zog es zuerst nach Turin und dann an den spanischen Hof. Und Alessandro blieb vorerst in Rom und ging später nach Bologna zurück. Er trat weiter als gut bezahlter Virtuose auf und komponierte erfolgreich Lautenwerke.

Erfinder der Erzlaute und des Chitarrone?

Unbescheiden war Alessandro Piccinini aber nicht unbedingt. Stolz behauptete er, an der Erfindung der Erzlaute und des Chitarrone maßgeblich mitgewirkt zu haben. Die Musikwissenschaft kann das bis heute weder bestätigen noch dementieren. Möglich ist es immerhin. Denn die Instrumentenbauer arbeiteten eng mit den Virtuosen zusammen. Und Alessandro Piccinini war sicherlich einer der bedeutendsten seiner Zeit.

Noch heute hochgeschätzt

Das beweist auch seine Sammlung mit 64 Werken für Erzlaute und 32 für Chitarrone, die 1611 in Bologna erschien. Sie ist die Summe seiner kompositorischen Arbeit und wird noch heute von Lauten- und Chitarronespielern hochgeschätzt. Während Piccininis Lautenwerke harmonisch eher konservativ und dem Kontrapunkt der Renaissance verpflichtet sind, verwendet er in seinen Chitarronewerken neue Techniken wie gebundene Tonleitern oder Akkordbrechungen. Für alle seine Kompositionen gilt aber, dass sie melodisch einfallsreich und subtil virtuos sind. Und Piccininis zahlreiche Anmerkungen bieten den Lautenisten noch heute wertvolle Informationen über die Spielkunst des frühen 16. Jahrhunderts.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 3. März 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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