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Eduard Melkus Am Puls der Zeit

Er geht auf die Neunzig zu und ist nach wie vor aktiv – der Geiger, Bratschist, Ensembleleiter und Musikforscher Eduard Melkus. Schon in der Nachkriegszeit zählte er zu den Koryphäen der Originalklang-Szene.

Noten-Blatt | Bildquelle: colourbox.com

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Der österreichische Musiker ist das, was man eine lebende Legende nennt - als vielseitiger Praktiker wie als Musikpädagoge. Und als ein Pionier der Historischen Aufführungspraxis, vor allem als Barockgeiger, der über die Violine, ihre Vorläufer und Varianten und über das Violinspiel auch Bücher und Studien verfasste.

Orchestermusiker und Quartettspieler

Am 1. September 1928 wurde Eduard Melkus in Baden bei Wien geboren. In der Donau-Metropole studierte er um 1950 Violine an der Musikakademie bei Ernst Moravec und Musikwissenschaft an der Universität bei Erich Schenk. Seine professionelle Laufbahn begann er als Orchestermusiker und Quartettspieler: als Solo-Bratschist des Tonhalle-Orchesters Zürich, des Stadtorchesters Winterthur und als Primarius des Neuen Zürcher Streichquartetts. Von 1958 bis 1996 lehrte er als Professor für Violine und Viola an der Wiener Musikakademie.

Ensembleleiter und Barockgeiger

Schon vor dem Studium hatte Eduard Melkus seine Leidenschaft für die Alte Musik entdeckt. Josef Mertin, der Wegbereiter der Historischen Aufführungspraxis in Wien, war sein Lehrer. Anfangs arbeitete er kurzzeitig auch mit dem fast gleichaltrigen Nikolaus Harnoncourt zusammen. 1952 gründete Eduard Melkus die Schola Antiqua Wien, aus der 1965 die Capella Academica Wien hervorging. Später folgte die Gründung des Ensembles Eduard Melkus, berühmt für seine Aufführungen und Aufnahmen von Musik der Mozartzeit. Als Solist auf der Barockgeige profilierte sich Eduard Melkus mit aufsehenerregenden, von opulenter Verzierungskunst geprägten Interpretationen. Seine Einspielung von Bibers "Rosenkranz"-Sonaten, dem größten Violinzyklus des 17. Jahrhunderts, wurde 1967 mit dem Deutschen Schallplattenpreis prämiert. Daneben gehörten Werke von Tartini und Nardini, Corelli und Vitali, Bach und Händel zu seinem Standardrepertoire. "Für mich", so Eduard Melkus, " war der wesentliche Punkt, warum wir die alten Instrumente gespielt haben, und ich mich dann mit der Barockgeige auseinandergesetzt habe, der Mangel an echten Möglichkeiten des Zusammenspiels von Cembalo, Laute oder Blockflöte mit einer modernen Geige. Und aus diesem Grund war bei den Violinsonaten selbstverständlich die Barockgeige erste Wahl, auch bei Händel usw., weil man diese ganzen filigranen Verzierungen, Corelli usw., natürlich viel eleganter auf der Barockgeige spielen kann als auf der modernen."

Historisch und modern, alt und neu

Was aber Eduard Melkus nicht zuletzt so außergewöhnlich macht, war von Anfang an seine Vielseitigkeit. Wie viele Repräsentanten der Originalklang-Szene heute musizierte er zeitlebens auf historischen u n d modernen Instrumenten, pflegte gleichzeitig die Alte wie die Neue Musik. Leuchtendes Beispiel dafür war 1962 die glorreiche Uraufführung des ihm gewidmeten Violinkonzerts des Schönberg-Schülers Egon Wellesz. Eduard Melkus - immer ein Musiker am Puls der Zeit.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 22. Oktober 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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