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Gregor der Große Politiker, Mönch und Begründer des mittelalterlichen Papsttums

Nein, Papst Gregor ist nicht der Erfinder des Gregorianischen Chorals. Sein Vermächtnis liegt eher auf politischem Gebiet; und doch wird er wohl für immer mit dem einstimmigen, liturgischen Gesang in Verbindung gebracht werden.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Von der Arbeitslast verwundet, denke ich Unglücklicher zurück. Wie gut ging es mir doch einst im Kloster. Alles Hinfällige lag weit unter mir, hoch stand ich über allem Wandelbaren. Ich dachte nur an Himmlisches. Nun aber beschmutzt mich der Staub weltlicher Geschäfte. Wenn ich mich auf viele Menschen eingelassen und in Äußerlichkeiten verloren habe, finde ich trotz meiner Sehnsucht nach Innerlichkeit nicht mehr ganz zu mir zurück."

So erinnert sich Papst Gregor an seine kurze Zeit als Mönch. Gregor entstammt einer reichen römischen Patrizierfamilie. Früh begann er eine steile politische Karriere. Doch dann entschied er sich für das besitzlose Leben eines Mönchs und wandelte die elterliche Villa in Rom in ein Kloster um. Aber ein zurückgezogenes Leben ohne Öffentlichkeit sollte ihm nicht vergönnt sein.

LIEBER EREMIT ALS PAPST

Für Rom waren es schwere Zeiten. De facto stand es unter der Herrschaft des Oströmischen Reiches. Goten und Langobarden zogen plündernd durch die Lande. Naturkatastrophen und Hungersnöte plagten das Volk, und die Pest raffte selbst Papst Pelagius II. hinweg. In dieses Machtvakuum geriet nun Gregor. Er sollte der neue Papst werden. Doch dieser sträubte sich. Er schrieb Bittgesuche an den Kaiser und wollte sogar aus Rom fliehen und in einer Höhle als Eremit leben. Alles ohne Erfolg. Am 3. September 590 wurde Gregor zum Bischof von Rom geweiht.

POLITISCHE MACHTANSPRÜCHE

Gregor reorganisierte die kirchliche Verwaltung und schloss die Ländereien zu einer Einheit zusammen, die die Grundlage des Kirchenstaates bildete. Unter Gregor übernahm das Papsttum die politische Macht in Italien. Um diese Macht zu legitimieren, mystifizierte er sein Amt mit der Nachfolge des Petrus. Und um die Macht abzusichern, ließ er die ihm gefährlich erscheinenden Völker erobern, nicht mit Waffengewalt – oder doch? Dass es bei der Missionierung ganzer Stämme nicht immer friedlich zuging, belegt ein erhaltener Brief Papst Gregors, worin er den Übertritt der Sardinier zum katholischen Glauben mit allen Mitteln befiehlt.

"Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt. Sind Sie unfrei, so züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen. Sind sie aber freie Menschen, so sollen sie durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, damit jene, die sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden."

… UND DER CHORAL?

Gregor der Große bekehrte unter anderem Langobarden, Spanier und Angelsachsen. Damit schuf er die Voraussetzung für die Entstehung einer gesamt-abendländischen Identität. Nur eines hat er nicht gemacht: den gregorianischen Choral erfunden. Indem die Nachwelt den einstimmigen liturgischen Choral, der sich seit jener Zeit über ganz Europa verbreitete, nach ihm benannte, ja ihm gar zuschrieb, wurde die Größe seines Wirkens betont und der Gesang gleichsam als von Gott gegeben, unveränderlich festgeschrieben.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 11. März 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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