Hans-Martin Linde ist insbesondere unter Flötisten so etwas wie eine lebende Legende als Block–, Quer– und Traversflötist – aber daneben ist er auch Komponist, Dirigent, Maler, Musikpädagoge... Woher rührt diese Vielseitigkeit, wie geht das alles zusammen? Unser Stichwort gibt Antworten.
Bildquelle: © Nadia Stein-Linde
"Ich wollte schon als Bub beim bewunderten Gustav Scheck - mein Flötengott - Flöte studieren, und ich bin dann 1947 tatsächlich in seine Klasse an der neuen Freiburger Musikhochschule aufgenommen worden. Und da kam bereits intensive Anregungen, sich mit Alter Musik und ihren historischen Instrumenten und deren Klang zu beschäftigen".
So fing es also an, für den 1930 in Iserlohn geborenen Hans-Martin Linde. Der aber in der Folge nicht nur als Travers-, Quer- und Blockflötist wirkte, sondern auch als Komponist, Dirigent, Maler und Pädagoge. Für die Entwicklung der Alte-Musik-Bewegung in Deutschland war dabei sicherlich sein Kontakt zum Westdeutschen Rundfunk bedeutsam, der sich ab 1952 entwickelte:
"Die bald entstehende Capella Coloniensis, übrigens das erste Barockorchester der Neuzeit, durchlief ich zunächst als zweiter, und dann als Soloflötist, und dann ist mir eines Tages die Dirigentenstelle angeboten worden. Und diese Dirigentenstelle ist für mich immer aufregend geblieben und anregend, und ehrenvoll. Und die alt-neue Klangwelt hat mich dann 16 Jahre lang, bis 2000, fasziniert und bereichert".
Unzählige Konzerte spielte Linde mit dieser Formation, zahlreiche Aufnahmen entstanden unter seiner Mitwirkung und Leitung. Neben seinen Solo-Einspielungen natürlich - und neben denen mit seinem eigenen Ensemble, dem Linde Consort:
"Das hat nämlich im Grunde genommen ähnliche Bestrebungen verfolgt, nur in viel kleinerer Besetzung natürlich - und, wenn man so will, privater, weil wir sehr viel für Schallplatten gemacht haben und CDs, und auch vor allem in Zusammenarbeit mit anderen Ensemble und anderen Instrumentalisten. Aber passt irgendwie zusammen, das Linde Consort ist eine Capella Coloniensis in klein".
Viele Menschen kennen Hans-Martin Linde aber auch als Komponisten: Welcher Blockflötist hat nicht sein Stück Music for a Bird gespielt!? Und dann sind da natürlich die pädagogischen Werke: Etwa sein Handbuch des Blockflötenspiels. Und seine Blockflötenschulen gelten nach wie vor als Standardkompendien, und erfreuen durch Schnörkellosigkeit und stimmigen Aufbau. Der verdankt sich natürlich auch Lindes jahrzehntelanger Erfahrung als Musikpädagoge - nicht nur für Flöteninstrumente übrigens, sondern beispielsweise auch für Chorleitung. Schon 1956 wurde er als Lehrer an die Schola Cantorum Basel berufen. Später erkor man ihn dann zum Direktor der Musikhochschule dort:
"Ich bin immer ein begeisterter Lehrer gewesen, ob das nun die Blockflöte oder die moderne Querflöte oder der Traverso ist, oder eben die Chorleitung: Ich habe immer sehr gerne unterrichtet und habe eine vornehme Bande von früheren Studenten zusammengebracht".
Aber das wichtigste war für ihn doch immer das Komponieren und das Dirigieren. Im Verein: "Die beiden Dinge gleichzeitig haben mein Leben schon vor meinem Studium, das heißt noch als 15-, 16- oder 17-jähriger Bub bereichert. Und das ist bis heute so geblieben. Irgendwie passt das zusammen für mich".
Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 23. Mai 2020, 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK