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John Bull Der Exzentriker unter den Viriginalisten

Nach allem was man weiß, war er der wohl größte Tastenvirtuose, den man bis dahin gehört hatte, und eine der schillerndsten Persönlichkeiten in der Musikkultur seiner Zeit: John Bull, ein englischer Komponist, Virginalist und Organist des Zeitalters von Shakespeare und von Elisabeth I. und ihrem Nachfolger Jakob I.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Geboren wurde John Bull 1562 oder 1563, wahrscheinlich in Old Radnor, einem Dorf in Wales. Mit zehn Jahren kam er 1573 an die Kathedrale von Hereford. Dort war er zunächst Kapellknabe, später Organist und Chorleiter.1586 wechselte er nach London und wurde "Gentleman of the Chapel Royal" unter der Ägide von Elisabeth der Ersten. In der Folge erwarb er den "Bachelor of Music" an der Universität Oxford und den "Doctor of Music" an der Universität Cambridge. 1597 avancierte "Dr. Bull" zum Professor am Gresham College in London. Als Katholik im anglikanischen England fühlte er sich indes zunehmend als Außenseiter. Aus diesem Grund ging er 1613 auf den europäischen Kontinent: Zuerst stand er im Dienst von Erzherzog Albrecht in Brüssel, danach wirkte er als Organist an der Kathedrale in Antwerpen, wo er am 13. März 1628 verstarb.

Ein schwieriger Charakter

Der Mensch John Bull war eine schwierige, eigenwillige Persönlichkeit. Ein Exzentriker. Ungezählt sind die anekdotisch anmutenden Geschichten, die sich um ihn ranken - vom Streit mit Kollegen und Beleidigungen der Geistlichkeit über den Kampf mit Piraten bei einer Seereise bis zum Vorwurf der Spionagetätigkeit. Als Komponist ist John Bull einer der führenden Repräsentanten der Virginalmusik - der Musik für das auf den Inseln in jener Zeit so beliebte Instrument nach der Art des Spinetts. Die Komponisten und Spieler dieser Musik nennt man Viriginalisten, zu denen als weitere prominente Namen William Byrd und Orlando Gibbons gehören, die Farnabys Giles und Richard, Thomas Tomkins und andere.

Chromatik und vertrackte Rhythmen

So bizarr und exzentrisch wie seine Persönlichkeit ist vielfach die Musik von John BullI. Exzessive Chromatik und vertrackte asymmetrische Rhythmen sind in seinen Werken für Orgel und Virginal zu finden. Hinzu kommt ein bisweilen ausufernder Formwille wie in den sage und schreibe dreißig "Walsingham"-Variationen, entstanden weit über einhundertzwanzig Jahre vor Bachs "Goldberg-Variationen" und erschienen im "Fitzwilliam Viriginal Book" wie viele andere Werke von John Bull. Immer wieder offenbart sich in dieser Musik ein gewissermaßen "romantischer" Ausdruckswillen. Und so brachte es der Cembalist Mahan Esfahani wohl auf den Punkt, als er schrieb: "Wenn William Byrd der Bach der Virginalisten ist, dann ist John Bull ihr Schumann - ernst, wechselweise melancholisch und manisch und fasziniert von anderen Welten."

Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 15. August, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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