Was genau ein "Kapellmeister" ist, das hat sich im Laufe vieler Jahrhunderte stark gewandelt – was genau er macht, aber auch, wie angesehen er ist. Eine äußerst genaue Beschreibung finden wir bei Johann Mattheson.
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Heutzutage hat der Kapellmeister einen eher bescheidenen Ruf: Er gilt als der biedere Musikarbeiter im Schatten des Generalmusikdirektors oder Chefdirigenten – sie sind es, die im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. Dies war nicht immer so, galt doch einmal der Kapellmeister als angesehenster Musiker eines Hofes oder einer Kirche, gar einer Stadt oder eines Landes. Woher aber stammt sein Titel?
Im Jahr 679 taucht das Wort "capella" zum ersten Mal in einem Schriftstück auf: In der "capella" verehrten die Merowinger die "cappa" – den Mantel des heiligen Martin – als Reliquie. Bald ging der Name auf das Kollegium der Hofgeistlichen über, die die Reliquie verwahrten – daher die Doppelbedeutung des Worts für einen Kirchenraum und eine Institution.
Da es zu den Hauptaufgaben der mittelalterlichen Kapellen gehörte, den Gottesdienst zu gestalten, zählten zu ihren Mitgliedern auch Sänger. Bis ins 16. Jahrhundert hinein aber lag die Leitung der Kapelle meistens in den Händen eines Geistlichen. Das änderte sich mit der zunehmenden Spezialisierung der Kirchen- und Hofkapellen auf die Musik. Das ausführlichste Berufsbild eines deutschen Kapellmeisters der Barockzeit entwarf Johann Mattheson 1739 in seiner Schrift "Der vollkommene Capellmeister".
Bezeichnenderweise handelt es sich dabei um eine reine Kompositionslehre – die Leitung der Aufführung nimmt lediglich ein Kapitel in Anspruch. Denn: Bis in Haydns Zeit war der Kapellmeister vornehmlich Komponist, erst durch die Wandlung zum modernen Dirigenten gewann die Interpretation von fremden Werken an Bedeutung: Fortan musste der Kapellmeister dem Pultstar moderner Prägung das Feld überlassen und rückte ins zweite Glied.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 29. November 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK