René Jacobs zählte zu den großen Countertenören seiner Zeit. Als Dirigent und Experte für Alte Musik ist er ebenso erfolgreich. Der zweifache Grammy-Gewinner bringt gerne unbekannte Opern wieder auf die Bühne.
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Das Stichwort vom 13. August 2017
René Jacobs
René Jacobs ist sicherlich einer der bekanntesten und erfolgreichsten Künstler im Bereich der Alten Musik. An über 260 Tonaufnahmen hat er als Sänger oder Dirigent mitgewirkt, und damit alles errungen, was es international an Preisen zu gewinnen gibt. Den Grammy Award und den ECHO Klassik holte Jacobs sogar gleich mehrfach.
Musik spielte bei René Jacobs von Anfang an eine große Rolle. Als Chorknabe in der Kathedrale von Gent lernte er die Musik von der Gregorianik bis zur Moderne kennen. Doch anfangs war es nicht unbedingt die Alte Musik, für die sein Herz schlug.
Schubert war meine erste große Liebe. Und Bach wurde dann eine große Liebe. Und die Oper habe ich zuerst gehasst. Meine Mutter hat mich mitgenommen in die Oper von Gent. Die erste Oper, die ich gesehen habe war Cavalleria Rusticana. Das habe ich alles gehasst. Und dann habe ich angefangen Mozarts Opern zu entdecken noch vor der Barockoper.
Jacobs studierte Philologie und arbeitete drei Jahre als Latein- und Griechischlehrer. Doch nebenher nahm er Gesangsunterricht als Tenor, bis er das erste Mal den englischen Countertenor Alfred Deller hörte und dessen Schüler wurde.
Bevor ich die ersten Töne von Alfred Deller hörte, wusste ich nicht, was ein Countertenor war. Und ich erinnere mich, dass Deller erzählte, dass er in einem Konzert in Amsterdam mal während der ersten Hälfte des Konzerts weggelaufen war, weil das Publikum nicht seriös war und einfach gelacht hat. Er hat sehr viel mehr als Countertenöre heute kämpfen müssen. Er hat unglaublich farbenreich die Stimme modellieren können mit himmlischen Messa di voces - Crescendos und Decrescendos, also Schwelltöne - und auch sehr ausgehend vom Text.
All das sind Qualitäten, die auch für den Gesang von René Jacobs gelten, der zu den führenden Countertenören seiner Generation wurde. Anders als Deller mischte er in den tiefen Lagen das Falsett mit seinem Tenorregister, was Jacobs Stimme ein unverwechselbares Timbre gab.
An der berühmten Schola Cantorum Basiliensis, wo René Jacobs barocken Gesang unterrichtete, bildete er dann selbst so berühmte Countertenöre wie etwa Andreas Scholl aus. Bereits 1977 gründete Jacobs sein renommiertes Ensemble Concerto Vocale und debütierte 1982 als Opern-Dirigent. Sein Spektrum reicht von Monteverdi bis Rossini.
Als Opernchef und Leiter der Innsbrucker Festwochen für Alte Musik, als Künstlerischer Direktor des Zentrums für Barockmusik in Schloss Versailles und als Erster Gastdirigent für das vorklassische Repertoire an der Staatsoper in Berlin grub er zahlreiche nicht mehr aufgeführte Opern aus - etwa von Cesti, Conti, Keiser oder Telemann. Dabei ist für René Jacobs nicht nur die musikalische Qualität entscheidend.
Ich kann das Libretto auf zwei verschiedene Weisen beurteilen. Das Libretto als solches, ob die Geschichte einen Sinn hat oder ob die Dramaturgie stimmt, damals wie heute. Ich schaue aber auch, was man heute mit diesem Libretto machen kann. Wie könnte man es für ein modernes Publikum umsetzen. Und wenn ich überhaupt nicht sehe, wie man das heute umsetzen könnte, dann lass ich es sein.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 13. August 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK