Abwechslung ist für die meisten Menschen etwas sehr Willkommenes; so auch für die meisten Komponisten der Musikgeschichte. Und so erfreute sich das Genre der Variationen zu allen Zeiten großer Beliebtheit ...
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Variation
Spielwiese für bastelfreudige Komponisten
Variatio delectat – Abwechslung macht Freude. Das wussten schon die alten Griechen und Römer. Abwechslung erfreute aber auch Komponistenherzen aller Zeiten, und so gab es kaum einen Tonsetzer in der Musikgeschichte, der sich nicht auch dem Schreiben von Variationen hingegeben hätte.
Wobei Variationen nicht unbedingt auch immer so hießen. Da gibt es nämlich den älteren Typ, heute als Ostinatovariation bezeichnet, bei dem eine meist nur wenige Takte lange Melodie im Bass immer wiederholt wird, während sich ein oder mehrere Oberstimmen darüber in melodisch manchmal recht wilden, aber harmonisch doch immer passenden Variationen ergehen. Dieser Typus war vor allem in Renaissance und Frühbarock gebräuchlich, konnte instrumental oder vokal besetzt sein und wurde beispielsweise als Passacaglia, Divisions upon a ground oder Chaconne bezeichnet – je nach Land und Epoche.
Beim jüngeren Typus der Variation, der im Hochbarock, vor allem aber dann in der Klassik und der Romantik sehr beliebt war, gibt es dagegen ein Thema oder gar ein Lied, das einmal vorgetragen und dann in einzelnen Sätzen variiert wird.
Dabei bedienten sich die Komponisten verschiedenster Methoden. Beliebt ist zum Beispiel, bei einem gegebenen Thema einfach jeden Ton zu umspielen, oder das Ganze in Moll – oder, wenn es vorher in Moll stand, in Dur – zu setzen, den Rhythmus zu verändern, indem man etwa jeden Ton punktiert, oder den Takt zu verändern, indem man aus einem 3er- einen 2er-Takt macht oder umgekehrt.
Bei mehrstimmigen Variationensätzen kann man auch die Melodie mal in eine andere Stimme setzen als die oberste, oder aber mal ein Instrument alleine spielen lassen. Also kurz: Der Möglichkeiten zur Variation sind geradezu unendlich viele. Und besonders in der Romantik, als es immer beliebter wurde, Variationen sogar für großes Orchester zu schreiben, kamen noch die Optionen Wechsel von Klangfarben und Instrumentengruppen dazu.
Zu den heute meistgespielten Variationen gehören aber sicher Bachs Goldbergvariationen – von denen sich hartnäckig die Anekdote hält, ihr Zweck sei gewesen, einen seiner Gönner, Graf Keyserlingk, von dessen Hofcembalisten Johann Gottlieb Goldberg damit in den Schlaf spielen zu lassen... Aber ja – das sind nur 30 Variationen; sicherer wäre es also beispielsweise mit Niccolo Pagaginis Variationen über Barucabà einzuschlafen: davon gibt es 60!
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 8. September 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK