Klar und fasslich und doch nicht ohne Raffinement – das ist die italienische Musik des 14. Jahrhunderts. Trecento nennt man diese Zeit auch in der Literatur, Bildenden Kunst und Architektur.
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Trecento ist ein italienisches Zahlwort und bedeutet dreihundert. Als Epochenbezeichnung ist das Wort also irreführend. Denn gemeint ist nicht das Jahr 300. Gemeint sind die Jahre ab 1300, das 14. Jahrhundert von 1300 bis 1399. Im Jahrhundert zuvor war die italienische Musik noch von der einstimmigen Lauda geprägt. Im neuen Zeitalter des Trecento - in etwa zeitgleich zur französischen Ars Nova - kommt es dagegen zu einer reichen und vielfältigen Entwicklung mehrstimmiger Gattungen der weltlichen Musik. Die Neuerungen vollziehen sich dabei in Mittel- und Norditalien, in Florenz, Padua, Bologna und Perugia, werden getragen von der Aristokratie und realisiert von einer Vielzahl an Komponisten, darunter Jacopo da Bologna, Giovanni da Firenze und Francesco Landini, der zentralen Figur der Trecento-Musik. Theoretisch fundiert wird die Praxis durch Musiktheoretiker wie Marchetto da Padova und Prosdocimus de Beldemandis.
Die Trecento-Musik hat drei Hauptgattungen: das Madrigal, die Ballata und die Caccia, die musikalische Beschwörung von Jagdszenen, gerne mit Fugati. Die zumeist zweistimmige Ballata ist poetischer: In der italienischen Literatur war der Trecento-Musik die große Blütezeit des "dolce stile nuovo" vorausgegangen - ein Stil, dessen Lyrik die Umsetzung in musikalischen Formen wie die Ballata geradezu suchte. Das Madrigal handelt von Schäferidyllen und Pastorellen, von Liebe (poetisch verschlüsselt wie komisch derb), von Moral und Satire. Tonmalerei ist dabei ein beliebtes Mittel.
Die Entwicklung der drei Hautgattungen des Trecento - Madrigal, Ballata und Caccia - geht Hand in Hand geht mit der Ausbildung einer eigenständigen Notation im charakteristischen 6-Linien-System und der Entstehung einer hohen Stimm- und Gesangskultur inklusive einer reichen Improvisationskunst der Sänger und Instrumentalisten.
Anfang des 15. Jahrhunderts erschöpft sich die Kunst der Trecento-Musik. Nach der Rückkehr des Papstes und seiner Kapelle aus Avignon nach Rom werden bevorzugt komplexe Formen und Techniken der französischen Ars Nova adaptiert. Später verbreiten sich zudem neue, volkstümliche Formen, und schließlich gerät auch Italien unter den Einfluss des neuen Stils der franko-flämischen Schule. Der Weg vom Trecento in die Renaissance war gewiesen.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 1. Juli 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK