BR-KLASSIK

Inhalt

Oscar-Nominierung 2019 - Filmmusik Unkonventionell und politisch

So interessant und politisch, war der musikalische Teil der Oscar-Nominierungsliste selten: Die Academy scheint sich - endlich! - mehr und mehr von ihrer in den letzten Jahren kritisierten, zutiefst weißen Auszeichnungspolitik zu verabschieden - und politischer zu werden. Ausgrenzung und Vielfalt sind die Kernthemen in vier der fünf nominierten Filme - und das hört man auch.

Ludwig Göransson - Black Panther

Ludwig Göransson umspielt das Epos um den ersten afrikanischen Marvel-Helden im fiktiven afrikanischen Staat Wakander mit großer, sinfonischer Heldenmusik, die er auch mit traditionellen afrikanischen Klängen verknüpft. Sehr interessant und sehr gut. Für den 34-jährigen Ludwig Göransson ist es die erste Oscar-Nominierung. Und er ist gewissermaßen schon eingefeiert: Der Schwede hat für "Black Panther" bereits den Grammy 2019 gewonnen.

Terence Blanchard - BlacKkKlansman

Auf wenige Filme trifft das Attribut "bitterböse" so zu, wie auf Spike Lees Satire auf den amerikanischen Rassismus. Die Geschichte des schwarzen Sherrifs, der zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung mit einem weißen Strohmann gegen den KKK ermittelt, basiert auf einer wahren Geschichte. Klar, dass auf dem Soundtrack zeitgenössische Songs und Gospels nicht fehlen dürfen. Doch die kontrastiert Komponist Terence Blanchard mit seiner nachdenklichen Filmmusik: Er nutzt Rock-Instrumentals und klassisch-orchestralen Kängen, mal auch Jazz und setzt auf Disharmonien, die mit dem Finger darauf zeigen, wie grotesk die gesellschaftlichen Umstände, wie verzerrt die Wahrnehmung der Wirklichkeit ist.

Nicholas Britell - If Beale Street Could Talk

Und noch mehr Rassismus-Sensibilität: Barry Jenkins, der Regisseur von "Moonlight" verfilmt erneut einen Roman von James Baldwin. In "If Beale Street Could Talk" wird ein Afroamerikaner für eine Tat zu einer Gefängnisstraße verurteilt, die er nicht begangen hat. Währenddessen erwartet seine Freundin ein Kind von ihm und sie und ihre Familie versuchen alles, seine Unschuld zu beweisen. Wie schon in "Moonlight" ist wieder Nicholas Britell für die Musik zuständig. Er verleiht dem Sozialdrama mit seiner Mischung aus klassischen Streicherklängen, Symphonieorchester und Marimba Tiefgang, Empathie und Relevanz.

Alexandre Desplat - Isle of Dogs

Und wieder Alexandre Desplat! Seine zehnte Oscarnominierung erarbeitet er sich mit einem sehr, sehr ungewöhnlichen Score. Martialisch und doch leichtfüßig, irritierend, minimalistisch und wirkungsvoll. Mal kommen archaischer, düsterer Gesang und Blockflöten zum Einsatz, mal gezupfte Bässe, Bläser und japanische Trommeln. Eine tolle Entscheidung der Academy, diesen bemerkenswerten Score zu nominieren. Einen besseren hätte es aber zu Wes Andersons Stop Motion Film auch nicht geben können. Lakonisch, hart, komisch und apokalyptisch erzählt der Film von Diktatur, Ausgrenzung und Unterdrückung - über die Niederträchtigkeit und Güte des Menschen. Ein weiterer Film unter den Nominierten, der die Mechanismen von Rassismus zum Inhalt hat.

Marc Shaiman - Marry Poppins Rückkehr

Eine Fortsetzung eines übergroßen Vorbildes - kann das gut gehen? Ja! "Schlaflos in Seattle"-Komponist Marc Shaiman wartet auf mit einem schönen, sehr nostalgisch geprägten Musical-Soundtrack voller toller schmissiger Nummern mit Melodien, die sich sofort festsetzen. Auch dank der Musik, die virtuos die altbekannten Motive verabeitet, tritt der Film würdig in die Fußstapfen des Klassikers von 1964. Und Marc Shaiman heimst seine sechste und siebte Oscar-Nominierung ein - denn er ist auch in der Kategorie "Bester Song" nominiert.

    AV-Player