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Playlist zur 73. Biennale in Venedig Goldener Löwe – die besten Soundtracks

Endlich läuft die Biennale in Venedig, eines der wichtigsten Filmfestivals der Welt. Noch bis 10. September geben sich die Filmstars dort die Klinke in die Hand und wir wagen den musikalischen Rückblick. Wie klangen Soundtracks der Gewinnerfilme in jedem Jahrzehnt? Wir haben für Sie Monumentales bei Leni Riefenstahls "Olympia", "Yesterday" auf Spanisch in der 68er-Zeit und Biblisches von Ehrenpreisträger Ennio Morricone.

1934-1942 - Kunst im Dienste der Politik: Leni Riefenstahl "Olympia"

Als die Biennale in Venedig aus der Taufe gehoben wurde, geschah das ganz im Dienste der Politik. Der italienische Faschismus nahm den Film und die Musik in den Dienst und so wurde als Hauptpreis die "Coppa Mussolini" ausgeben: eine Ehrung für den besten italienischen und den besten ausländischen Film. Kein Wunder, dass in der Zeit des Faschismus fünf Deutsche (bzw. Österreicher) in letzterer Kategorie gewannen: Luis Trenker (1936), Gustav Ucicky (1940), Hans Steinhoff (1941), Veit Harlan (1942) und Leni Riefenstahl (1938). Die Musik zu ihrem Zweiteiler "Olympia" schrieben Herbert Windt und Walter Gronostay. Sie untermalt auch das bis heute als filmisch fulminant eingeschätze Finale des zweiten Teils "Fest der Schönheit", in dem der Film die Turmspringer von einfachen Sportlern langsam aber sicher zu fliegenden Übermenschen, die mehr dem Himmel als der Erde angehören, stilisiert.

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Riefenstahl  Olympia Diving Sequence | Bildquelle: SportsPromotions (via YouTube)

Riefenstahl Olympia Diving Sequence

Die 50er-Jahre - Experimentelle Exotik: Akira Kurosawa "Rashomon"

1949 wurden die Filmfestspiele zu Venedig wieder ins Leben gerufen. Man ließ die finstere Ideologie der Zeit des Krieges und davor hinter sich und schuf einen neuen Hauptpreis: Den Goldenen Löwen. Einer der ersten Gewinner war der japanische Regiestar Akira Kurosawa. Als genial und bisweilen nervtötend gilt sein Opus Magnum "Rashomon" bis heute. Kurosawa schuf ein kryptisches, von westlichen Werten und Weltanschauung sowie einer stringenten Narration vollkommen abgekoppeltes Oevre über die Vergewaltigung einer Frau, den Tod eines Samurai und einen nicht-greifbaren Zeugen in drei, voneinander unabhängigen Handlungssträngen. Alles spielt in der japanischen Endzeitstimmung der "Heinan-Zeit" und so klingt auch die Musik von Fumio Hayasaka.

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Rashomon Ost/Soundtrack | Bildquelle: Carlos Hernandez (via YouTube)

Rashomon Ost/Soundtrack

Die 60er-Jahre - Revolution: Alexander Kluge "Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos"

Hannelore Hoger | Bildquelle: picture-alliance/dpa Hannelore Hoger spielte die Hauptrolle in "Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos" | Bildquelle: picture-alliance/dpa Es war ein Skandal der dazu führte, dass der "Goldene Löwe" 10 Jahre lang nicht mehr vergeben wurde. Der deutsche Filmemacher Alexander Kluge gewann mit einem Protestfilm gegen das überkommene Filmbussines und das "Kino der Väter" den Hauptpreis in Venedig. Obwohl der Film an der Oberfläche vom Niedergang einer Zirkusfamilie erzählt (natürlich ohne stringente Handlung), reflektiert er eigentlich die politische Situation der Bundesrepublik Deutschland in den späten 60er Jahren und die Lage der deutschen Jungfilmer. Kluge gab zu Protokoll, er porträtiere "die Lage, in der wir uns selbst befinden, wir, die wir auf dem hohen Seil, den Trapezakten der fine arts bewegen.“ Als Seitenhieb auf die Elterngeneration - und pikant im Hinblick auf die Geschichte der Filmfestspiele in Venedig" - zeigte Kluge in der Eingangssequenz seines Films Aufnahmen von Adolf Hitler beim "Tag der deutschen Kunst" 1939 begleitet von einer spanischen Version des Beatles-Hits "Yesterday".

80er-Jahre - Die Rückkehr des Löwen: Louis Malle "Atlantic City, USA"

Nach der Prämierung Alexander Kluges als Vertreter des Neuen Deutschen Films, der noch dazu den Finger in die Wunden der Vergangenheit legte, war es in den 70er Jahren unmöglich den "Goldenen Löwen", der ja auf einen Preis aus der faschistischen Ära zurückging, zu vergeben.
Nach 10 Jahren Pause erwachte der Löwe 1980 wieder zum Leben und ging - bevor gleich wieder zwei Vertreter des Neuen Deutschen Films (Margarete von Trotta, 1981, Wim Wenders 1982) den Preis einheimsten - an eine französisch-kanadische Produktion. Louis Malle erhielt seinen ersten von zwei Löwen für das den American Dream untergrabende Drama "Atlantic City, USA", in dessen Hauptrollen Susan Sarandon und Burt Lancaster glänzten. Die Musik für den Film ist nicht durchkomponiert, sondern besteht aus einzelnen Songs, die Atlantic City charakterisieren. So zum Beispiel "On the Broadwalk in Atlantic City". Legendär auch die Szene, in der Susan Sarandon alias Sally sich den Körper mit Zitronensaft wäscht und dazu eine Arie aus Bellinis "Norma" hört.

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Les citrons.wmv | Bildquelle: YOADVITAM (via YouTube)

Les citrons.wmv

Die 90er-Jahre - Lebensfragen: Krzysztof Kieślowski "Drei Farben: Blau"

Freiheit, Gleicheit, Brüderlichkeit - das Motto der französischen Revolution ist das Motto der Drei-Farben-Trilogie des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieślowski, der sich von der französischen Flagge inspirieren lässt und anhand des politischen Symbols Lebensfragen verhandelt. Für den ersten Film der Trilogie "Blau" erzählt Kieślowski über das Thema Freiheit. Juliette Binoche spielt eine Frau, deren Mann und Kind bei einem Unfall sterben und die beschließt, ihr Leben radikal zu ändern. Sie geht nach Paris und bricht mit allem, was zuvor war. Doch ihr Versuch auf diese Weise frei zu werden, muss scheitern. Zum Ende erkennt sie, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss - und das tut sie, in dem sie eine Komposition ihres Mannes vollendet. Die Musik zu diesem Preisträgerfilm, der durchaus ein Musikfilm ist, stammte von Kieślowskis Haus und Hof Komponisten Zbigniew Preisner, der mit dieser Filmmusik seinen Durchbruch und den Sprung nach Hollywood schaffte.

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Trois couleurs: Bleu - soundtrack | Bildquelle: Darek Stach (via YouTube)

Trois couleurs: Bleu - soundtrack

Die 2000er - Arthouse trifft Mainstream: Ang Lee "Brokeback Mountain"

Mit seinem Drama über zwei homosexuelle Cowboys gelang Ang Lee der Durchbruch und der Gewinn seines ersten Goldenen Löwen (den zweiten bekam er 2007 für „Gefahr und Begierde“). Nach der Premiere in Venedig startete der Film in 5 Kinos in den USA und konnte in nur drei Tagen über 500.000 Dollar einspielen (Quelle: IMDb.com) - damit war er der umsatzstärkste Film des Jahres 2005. Gustavo Santaolalla komponierte einfühlsame Musik, die sowohl die Beziehung der beiden Männer, als auch die umwerfende Landschaft Wyomings charakterisiert.

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Brokeback Mountain (Soundtrack) | Bildquelle: Androgynum (via YouTube)

Brokeback Mountain (Soundtrack)

Die 10er-Jahre - Skandinavische Skurrilität: Roy Andersson "En duva satt på en gren och funderade på tillvaron"

Szene | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Der letzte Teil einer Trilogie über das menschliche Wesen ist „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“. Der schwedische Regisseur Roy porträtiert in berückender Situationskomik zwei tragikomische Scherzartikelvertreter, die so allerhand schrullige Typen kennenlernen. Das besondere an dem Streifen: Er wurde in einem einzigen Haus in Stockholm gedreht. Der Titel übrigens bezieht sich auf ein Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren, auf dem Vögel von einem Baum aus den Menschen verwundert zuzusehen scheinen. Der Soundtrack bestand denn auch aus Musik, die in Verbindung mit den Bildern vor Ironie sprüht.

Der Ehrenpreis für das Lebenswerk: Ennio Morricone

Seit 1970 wird der Goldene Löwe auch als Ehrenpreis für das Lebenswerk vergeben. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern gehören Legenden wie Woody Allen, Orson Welles, Charlie Chaplin, Sophia Loren und Stephen Spielberg. Der einzige Filmmusikkomponist, der den Preis je erhielt, ist – wie könnte es anders sein – Ennio Morricone. 1995 wurde ihm die Ehre zu Teil, damals war er gerade mitten in seiner Arbeit für die Bibel-Verfilmungen.

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Ennio Morricone ''Moses Theme'' | Bildquelle: Yael Lavie (via YouTube)

Ennio Morricone ''Moses Theme''

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