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Nachhaltige Instrumente ohne Tropenholz Gitarrenholz aus dem Labor-Ofen

Hartes Tropenholz eignet sich hervorragend für den Gitarrenbau. Doch der fortschreitende Raubbau an den Tropenwäldern ist eine ökologische Katastrophe, die Einfuhr in die EU deshalb streng geregelt. Instrumentenbauer Armin Hanika möchte nun auf heimische Hölzer zurückgreifen. Gemeinsam mit der TU Dresden hat er ein Verfahren entwickelt, das Holz künstlich zu härten. Und ist dafür zusammen mit der TU Dresden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als „Handwerksprojekt des Jahres“ ausgezeichnet worden.

Mann greift auf Gitarre | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Armin Hanika steht vor einem großen Labor-Ofen. Es riecht herrlich nussig, wie auf dem Weihnachtsmarkt am Maronenstand. Das sind die Abbauprodukte der Harze. Im Ofen liegen verschiedene heimische Hölzer: Pflaume, Kirsche, Elsbeere. Zwei bis drei Tage werden sie hier im wahrsten Sinne das Wortes "gebacken", eingeschweißt in Vakuumsäcke, damit kein Sauerstoff ans Holz kommt. Thermomodifikation nennt sich das Verfahren. Die Eigenschaften des Holzes ändern sich je nach eingestellter Temperatur. "Für jedes Bauteil der Gitarre brauche ich andere Eigenschaften“, erklärt Hanika. "Der Steg muss beispielsweise sehr leicht sein, der Hals biegesteif, der Boden eher hart."

Ulme statt Schlangenholz

So baut Armin Hanika zum Beispiel den Hals aus Kirschholz. Die Verstärkung ist nicht etwa Schlangenholz aus Surinam, sondern thermomodifizierte Pflaume. Alle Hölzer stammen aus Franken. Im Winter besucht Hanika die Holzauktionen in der Region und kauft die Stämme.

Bei 210 Grad klingt die Gitarre ganz dunkel, bei 160 Grad wieder anders.
Gitarrenbauer Armin Hanika

Der Gitarrenbauer Armin Hanika mit einer Urkunde des Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand in der Hand.  | Bildquelle: Marion Hanika Der Gitarrenbauer Armin Hanika erhält 2019 den Preis des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM). | Bildquelle: Marion Hanika In seiner Werkstatt in Baiersdorf stehen wunderschöne Unikate. Hier präsentiert der 54-Jährige auch seine neue Gitarren-Reihe aus thermobehandeltem Ulmenholz. "Ein sehr wertiges und selten gewordenes heimisches Holz. Wir bauen die Instrumente gerade mit verschiedenen Temperaturgraden. Bei 210 Grad klingt die Gitarre ganz dunkel, bei 160 Grad wieder anders."

Jedes Jahr baut Hanika mit seinem Team über 2.000 Gitarren, ein Zehntel davon ist mittlerweile thermobehandelt. Von den technischen Parametern sind die thermobehandelten Gitarren den Tropenholz-Gitarren ebenbürtig. Zwischen 800 Euro in der Basisklasse und bis zu 10.000 Euro in der Meisterklasse kosten die Gitarren-Unikate. Im Basis-Segment verkaufen sich die neuen Gitarren mittlerweile sehr gut, sagt der Firmenchef. Bei den Meisterklassen steht Armin Hanika erst am Anfang: "Unsere Kunden sind eher konservativ und leider etwas zurückhaltend, was das neue Verfahren angeht. Leider trauen sie dem Braten noch nicht." Für den Gitarrenbauer kein Grund aufzugeben.

Wir müssen weiter Überzeugungsarbeit leisten, dass auch thermobehandelte Gitarren qualitativ hochwertig sind.
Gitarrenbauer Armin Hanika

Einzig das Griffbrett bereitet Hanika und dem Team an der TU Dresden noch Probleme. Denn hierfür benötigt der Instrumentenbauer besonders hartes Holz, das im Thermoverfahren noch nicht befriedigend hergestellt werden kann. „Aber daran forschen wir gerade, da bin ich optimistisch.“

Strenge Regeln für Einfuhr von Tropenholz

Seinen größten Umstatz macht Hanika nach wie vor mit traditionell hergestellten Tropenholz-Gitarren – wie sein Vater, der das Unternehmen vor über 65 Jahren gründete. Die Einfuhr der Hölzer ist seit der internationalen CITES-Verordnung streng geregelt. Palisander, der gern im Gitarrenbau verwendet wird, ist besonders geschützt. "Es ist ein Haufen Papierkram", weiß der Gitarrenbauer.

Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen

Viele Tier- und Pflanzenarten sind heute weltweit in ihrem Bestand gefährdet oder sogar von der Ausrottung bedroht. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (englisch: CITES) überwacht und reglementiert den internationalen Handel mit wildlebenden Pflanzen und Tieren. Das Übereinkommen versteht unter dem Begriff "Handel" jeden Transport über eine Grenze, unabhängig davon, aus welchem Grund dieser Transport erfolgt. Je nach Grad ihrer Schutzbedürftigkeit gelten für verschiedene Tier- und Pflanzenarten im internationalen Handel unterschiedlich starke Beschränkungen. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen ist in Deutschland seit 1976 gültig. Gegenwärtig sind 183 Staaten dem Übereinkommen beigetreten.

Um seinen Einkauf so nachhaltig wie möglich zu gestalten, bezieht Hanika sein Holz ausschließlich von einem zertifizierten Großhändler und lässt sich die Herkunft genau dokumentieren. Anschließend muss er das Holz sechs bis acht Jahre lagern. Die regionalen Tonhölzer, die er im Ofen wärmebehandelt muss Hanika dagegen nur ein Jahr trocknen – ein riesiger Vorteil.

Sendung: "Allegro" am 2. Juli 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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