Die Hitze und das eigene Instrument - jeder Musiker kann davon ein anderes Lied singen. Wenn man den dampfenden Instrumentenkoffer öffnet, weiß man nie so genau, in welchem Gesundheitszustand man sein Instrument antrifft. Eine desaströse Stimmung ist die gängigste Sommerkrankheit.
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Mit extremen Temperaturen kämpfen selbst die Musiker der Spitzenorchester. Bei Sommerfestspielen und auf Tourneen erleben sie, was Hitze mit ihren Instrumenten anstellt. Stefan Gartmayer ist Cellist bei den Wiener Philharmonikern und kennt das Problem mit den klimatischen Stimmungsschwankungen nur zu gut: "Innerhalb des Orchesters ist es ja so, dass Holzblasinstrumente und Streichinstrumente oder auch Blechblasinstrumente unterschiedlich reagieren. Das Problem ist: Die einen gehen in der Stimmung runter, die anderen rauf. In diesem Spannungsfeld muss man eben versuchen, homöopathisch entgegenzusteuern."
Doch der Seiltanz beim Zusammenspiel kann bei starker Hitze das geringere Übel sein. Gerade die Streichinstrumente sind sehr sensibel, da es viele Leimstellen gibt: An Decke, Boden Zargen, Hals – das ganze Instrument kann förmlich dahinschmelzen. Tibor Kovác, Geiger bei den Wiener Philharmonikern, erinnert sich an so eine heikle Situation: "Die Wiener Philharmoniker waren auf einer Reise in Athen. Und da hat man irgendwie die Cargos mit den Orchesterinstrumenten früher abgeladen. Darin standen die Instrumente in der Sonne. Am Abend waren sie wirklich kaputt und mussten teilweise repariert werden.“
Ich hab schon Geigen auf der Ablage gesehen, da hat der Lack Blasen geworfen.
Todesfalle Auto | Bildquelle: mauritius-images Die direkte Sonne ist also auf jeden Fall zu meiden – und nicht nur, wenn man am selben Tag ein Konzert spielt. Sollte doch wieder etwas passiert sein, ist Eva Lämmle die Retterin in Not. Sie ist Geigenbauerin in München und hat schon einige Streichinstrumenten in desolaten Zuständen vorgefunden. Sie warnt vor der Todesfalle Nummer eins: das Auto, "weil es mit 50, 60 Grad schon sehr heiß werden kann. Also ich hab schon Geigen auf der Ablage gesehen, da hat der Lack Blasen geworfen. Einmal war sogar eine Geige richtig festgeklebt im Kasten. Da war dann das Samtfutter mit dem Lack verbunden, und man musste das kompliziert wieder voneinander ablösen."
Die Horrorszenarien bei den Streichern sind dennoch die Ausnahme. Die Holz- und Blechbläser können beispielsweise aufatmen. Sie müssen eher selten zum Instrumentenbauer. Dennoch gilt, die richtige Stimmung bei Hitze zu treffen, fordert bei Blasinstrumenten viel Feingefühl.
Klaviere sind ebenfalls eher robust. Der österreichische Pianist Christopher Hinterhuber weiß dennoch um den größten Feind jedes Instruments aus Holz: "Das ist natürlich ein Vorteil, wenn ein Flügel immer in einem temperierten Raum stehen bleibt. Hitze macht den meisten Instrumenten – Steinway, Bösendorfer, Fazioli – nicht so viel aus. Hingegen trockene Luftfeuchtigkeit ist wesentlich schlimmer."
Die Stradivari von 1724 spielt komischerweise sehr gut, wenn es heiß und feucht ist.
Eine Geige von Stradivari | Bildquelle: picture alliance / Eugene Odinokov/Sputnik/dpa Auf die richtige Luftfeuchtigkeit zu jeder Jahreszeit kommt es bei den meisten Instrumenten an. 40 Prozent bis 65 Prozent sind optimal und beugen den gefürchteten Rissen im klingenden Holz vor. Wenn man das beachtet und die direkte Gluthitze meidet, kann so ein Sommer sogar einen positiven Effekt haben. Schließlich kommen die besten Violinen aus Italien. Der Wiener Philharmoniker Tibor Kovác besitzt eine solche: "Die Geige, die ich spiele, ist eine Antonio Stradivari von 1724, fast 300 Jahre alt. Komischerweise spielt sie sehr gut, wenn es heiß und feucht ist."