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Was heute geschah – 04. August 1705 Johann Sebastian Bach prügelt sich

Arnstadt, 4. August 1705: Aufruhr, nachts auf dem Marktplatz. Zwei junge Hitzköpfe raufen miteinander, ihre Kumpels gehen dazwischen. Anderntags erscheint der eine vor dem Kirchenrat der Stadt und zeigt den anderen an. Johann Sebastian Bach, 20 Jahre, Organist und Kantor in Arnstadt, wolle melden, dass er gestern Nacht von dem Fagottisten und Chorschüler Johann Geyersbach auf offenem Platz erst beschimpft und sodann tätlich angegriffen worden sei. Er bitte darum, dass dieser Geyersbach bestraft werde und dass er, Bach, künftig "ungeschimpfet und ungeschlagen" durch die Stadt gehen könne.

Johann Sebastian Bach, Denkmal vor der Thomaskirche in Leipzig | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Der Beitrag zum Anhören

Der Rat geht der Sache auf den Grund. Dabei kommt heraus, dass Bach in dieser Nacht, in Begleitung seiner Cousine Barbara Catharina Bach, auf dem Nachhauseweg von einem Konzert auf Schloss Neideck am Marktplatz einer Gruppe junger Musiker begegnet ist, die er als Kantor unterrichtet. Einer von ihnen, eben dieser Geyersbach, hält die beiden auf und fragt Bach, wieso er ihn neulich beschimpft habe. Er habe ihn nicht beschimpft, sagt Bach. Wohl, sagt Geyersbach, Bach habe ihn einen "Zippelfagottisten" geheißen, einen, der schülerhaft rumstümpere, und das müsse er sich nicht gefallen lassen.

Der Ärger nimmt seinen Lauf

Der Zippelfagottist gibt Bach ein paar Ohrfeigen, der wehrt sich, sie schubsen einander, Bach zieht den Degen, den hat er wegen seines Konzerts angelegt, sowas gehört zur ordnungsgemäßen Kleidung bei Hof, Geyersbach packt Bach mit beiden Händen am Arm und lässt ihn nicht mehr los, sie rangeln, drohen zu fallen, und da schreiten dann die Freunde ein. Es sei gefährlich, meint der eine, mit gezogenem Degen hinzufallen, da könne man sich was tun.

Komponiert in Arnstadt, gespielt in Arnstadt

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J. S. Bach: Sei gegrüsset, Jesu gütig, BWV 768 | Arnstadt | Bálint Karosi | Bildquelle: Balint Karosi (via YouTube)

J. S. Bach: Sei gegrüsset, Jesu gütig, BWV 768 | Arnstadt | Bálint Karosi

Der Rat ist keine Hilfe

Am Ende hat der Rat beide verwarnt. Bach hätte Geyersbach keinen Zippelfagottisten heißen sollen, mit solchen Sticheleien würde er nur Verdrießlichkeiten heraufbeschwören. Er solle lieber die Chorschüler anständig auf der Orgel begleiten, man habe da in der letzten Zeit Nachlässigkeiten bemerken müssen. Wir sehen: Arnstadt war kein guter Ort für Bach. Im Jahr darauf schon verlässt er die Stadt und sucht sein Glück in Mühlhausen, wo er Kantor wird - und wo er "ungeschimpft und ungeschlagen" über den Platz gehen kann.

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 4. August 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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