Am 2. Juli dirigiert Jonathan Nott sein 656. und letztes Konzert als Chefdirigent der Bamberger Symphoniker. Damit endet eine 16-jährige Ära: Seit Januar 2000 hatte Nott diese Position inne. Das Benefizkonzert für Bundespräsident Gauck, das am 20. März unter Notts Leitung stattfand, gibt es hier noch einmal zum Anschauen.
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Benefizkonzert des Bundespräsidenten
70 Jahre Bamberger Symphoniker
Mit einem Benefizkonzert gab sich Bundespräsident Joachim Gauck am 20. März 2016 in der Bamberger Konzerthalle die Ehre. Der Erlös kam dem Deutschen Hospiz- und Palliativverband sowie dem Hospizverein Bamberg zugute. Für die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Jonathan Nott war das Konzert darüber hinaus der Auftakt zum Jubiläum ihres 70-jährigen Bestehens. Am 20. März 1946 gaben die damals noch "Bamberger Tonkünstlerorchester" genannten Symphoniker ihr erstes Konzert. Das Orchester, das sich vornehmlich aus ehemaligen Mitgliedern der Deutschen Philharmonie Prag formierte, entwickelte sich in der Folge zu einem Weltklasse-Ensemble und zu einem musikalischen Botschafter Deutschlands - oft auch in Verbindung mit Auslandbesuchen damaliger Bundespräsidenten. Das Programm am Jubiläums-Vorabend beschwörte die böhmischen Wurzeln der Bamberger - mit Smetanas Tongemälde "Aus Böhmens Hain und Flur" sowie mit Mozarts "Don-Giovanni"-Ouvertüre und Mahlers 7. Symphonie, die beide in Prag ihre Uraufführung erlebten.
BR-KLASSIK: Herr Nott, am 2. Juli geben Sie im Bamberger Dom Ihr letztes Konzert als Chefdirigent der Bamberger Symphoniker. Wenn Sie jetzt zum Ende der Saison gehen, ist da auch Wehmut dabei?
Jonathan Nott: Selbstverständlich!. Wenn man sich als Musiker zu 100 Prozent dieser Kunst widmet, dann vernichtet man einen Teil seines Selbst dabei. Man ist "nackt". Wenn, wie es das Wesen des Orchesters ist, 100 Leute gemeinsam Musik machen, und wenn wir alle - Orchester und Dirigent - zusammen ein Ergebnis erreichen, dann sind wir voneinander geprägt. Das heißt, ich nehme jedes dieser 100 Individuen mit, denn jeder einzelne Musiker ist wahnsinnig wichtig, und ich ege großen Wert darauf, dass ich wirklich jeden ansprechen kann in einem Konzert. Und selbst wenn wir uns nie mehr wieder sehen würden: Alle Musiker der Bamberger Symphoniker sind ein Teil meines Lebens. Dafür bin ich sehr dankbar.
BR-KLASSIK: Wie haben Sie in Ihrer Zeit als Chefdirigent das Orchester erlebt, wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit charakterisieren und was zeichnet die Bamberger Symphoniker aus?
Jonathan Nott | Bildquelle: © Thomas Müller Jonathan Nott: Prinzipiell der unglaubliche Wille, spontan die Musik auf den Punkt zu bringen, diese Haltung: "Wir wollen etwas sagen zu diesem Publikum, gerade jetzt". Und dies mit einer gewissen Offenheit zu verbinden, das gehört für mich zu Bamberg. Man hat hier die Gelegenheit, alte Steine wirklich zu genießen und zu hören, wie diese Steine sprechen. Zudem war es mir sehr daran gelegen, dass dieses Orchester sehr virtuos sein sollte: Wir können in der ersten Konzerthälfte Haydn mit Barockbögen spielen und nachher spielen wir Strauss, als ob es der schönste Strauss der Welt wäre. Stilistische Flexibilität, verbunden mit einer ununterbrochenen Spannung: Das ist es, was dieses Orchester besonders gut kann. Man muss es nur herausfordern, und dann sind die Bamberger eines der virtuosesten Orchester der Welt.
BR-KLASSIK: Jetzt führt Ihr Weg in die Schweiz, zum Orchestre de la Suisse Romande, einem anderen Traditionsorchester. Was kommt da auf Sie zu?
Jonathan Nott: Ich glaube, das ist auch ein Orchester, das sehr willig ist auf Neues, ja sogar gierig, etwas Neues zu erleben und gemeinsam aufzubauen. Und es ist auch ein Ort, an dem Musik – so wie hier in Bamberg und in Bayern generell – sehr wichtig ist. Unter diesen Aspekten fand ich, dass wir uns gegenseitig gut gebrauchen können. Jetzt fängt etwas Neues an, schauen wir mal.
Das Gespräch führte Thorsten Preuß für BR-KLASSIK.