Zum ersten Todestag sollte sie erklingen, die "Messa per Rossini". Gemeinsam mit zwölf Komponisten arbeitete Verdi an der Totenmesse zum Gedenken an Gioachino Rossini. Die Partitur wurde rechtzeitig fertig, doch zur Aufführung kam es trotzdem nicht.
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"Um Rossinis Andenken zu ehren, möchte ich, dass die angesehensten Komponisten Italiens eine Requiem-Messe schreiben, die am Jahrestag seines Todes aufgeführt werden soll. […] Sie wird unter Beweis stellen, wie groß die Bewunderung ist, die wir für diesen Menschen hegen, über dessen Verlust die ganze Welt trauert." Als Gioachino Rossini stirbt, wendet sich Giuseppe Verdi am 11. November 1868 mit seinem Anliegen an den Verleger Giulio Ricordi, der Verdis Brief sogleich veröffentlicht. Das monumentale Requiem soll in Rossinis Heimatstadt Bologna aufgeführt werden - am 13. November 1869.
Zusammen mit zwölf anderen Komponisten will er die Totenmesse schreiben - jeder von ihnen übernimmt einen Abschnitt. Der Vorschlag trifft in der Presse nicht nur auf Gegenliebe. Denn viele Köche verderben den Brei, erklärt die Mailänder Musikzeitschrift Il trovatore am 29. November 1868 : "Wir wissen nicht, ob Verdi daran gedacht hat, was da für ein Hackbraten herauskommen könnte, eine gemischte Fischplatte, ein Potpourri, eine Schüssel mit faulig riechendem Mischmasch." Doch Verdi lässt sich nicht von seiner Idee abbringen. Dinge wie Tonart und Tempo werden festgelegt, und danach kocht jeder der dreizehn Komponisten sein eigenes Süppchen. Mitte September ist die Partitur fertig - noch zwei Monate bis zur geplanten Aufführung.
Am 2. November 2017 war Riccardo Muti zu Gast bei Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und hat im Herkulessaal der Münchner Residenz Giuseppe Verdis "Messa da Requiem" dirigiert. Hier können Sie den kompletten Konzertabend als Video sehen.
Luigi Scalabrini, der Impresario des Teatro Comunale von Bologna weigert sich, sein Orchester und seinen Chor während der Spielzeit für die Aufführung zur Verfügung zu stellen. Er will die Kräfte seiner Musiker für die bevorstehende Aufführung von Wagners "Lohengrin" schonen. Scalabrini ist nicht der einzige Einflussreiche in Bologna, dem Wagner mehr am Herzen liegt als Rossini.
Und dann kommen auch noch finanzielle Probleme hinzu. Denn Verdis Vorstellungen zeugen von hohem Idealismus: "Ich möchte, dass nicht nur die Komponisten, sondern auch die ausführenden Künstler nicht allein ihre Beteiligung umsonst beitragen, sondern außerdem ihren Obolus entrichten, um die notwendigen Unkosten zu decken."
Verdi geht mit gutem Beispiel voran und lässt sich als Erster auf die Subskriptionsliste setzen. Die meisten seiner Kollegen allerdings teilen Verdis Einstellung nicht - so wie Antonio Bazzini: "Ich für meinen Teil fühle mich nicht danach, auch noch an dieser Übung teilzunehmen. Ich habe meinen Beitrag unentgeltlich geleistet und werde auf meine Kosten nach Bologna reisen; mir scheint, das reicht."
So platzt die Aufführung der "Messa per Rossini" am ersten Todestag. Und es sollen knappe 119 Jahre vergehen, bis das Werk wirklich aufgeführt wird. Enttäuscht zieht Verdi sein "Libera me" zurück. Er wird es ein paar Jahre später überarbeiten und als Grundlage für sein "eigenes" Requiem verwenden.
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