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21. Februar 1903 - Mahler und Roller arbeiten erstmals zusammen Tristan als Gesamtkunstwerk

Sie kennen sich noch nicht lange. Als Gustav Mahler und der Bühnenbildner Alfred Roller anlässlich einer Neuinszenierung von Wagners "Tristan und Isolde" ihre kongeniale Zusammenarbeit erstmals unter Beweis stellen, ist das nur der Beginn einer Erfolgsserie.

Bildquelle: picture alliance / akg

Was heute geschah zum Anhören

In der Wiener Hofoper wird am 21. Februar 1903 Bühnengeschichte geschrieben – mit einer überwältigenden Neuinszenierung von Wagners "Tristan und Isolde". Allein die Besetzung mit Anna von Mildenburg und Erik Schmedes verspricht ein Ereignis der besonderen Art! Doch was den Zuschauer optisch erwartet, übertrifft alles bisher Dagewesene: ein zweistöckiges Bühnenbild mit höhergelagertem Deck, ein schwarzer Baum inmitten von ödem Tageslicht, große gelbe Zeltvorhänge, die gleißendes Sonnenlicht vortäuschen. Man hat den Eindruck, als würden Bühne und Klang zu einem einzigen großen Seelendrama verschmelzen. Raum, Farbe und Licht sind eins mit Musik, Wort und Gestik – ganz im Sinne von Wagners Idee des Gesamtkunstwerks.

Töne, zum Bild geronnen!
Resümee des Schriftstellers Hermann Bahr

Beginn einer kongenialen Zusammenarbeit

Alfred Roller, Bühnenbildner, Maler, Graphiker, um 1900 | Bildquelle: picture-alliance / Imagno Alfred Roller: Bühnenbildner, Maler, Graphiker | Bildquelle: picture-alliance / Imagno Eine Revolution! Verantwortlich für den Abend zeichnen Operndirektor Gustav Mahler und sein neuer Bühnen- und Kostümbildner Alfred Roller. Die beiden kennen sich noch nicht lange. Mahler hat Rollers Raumgestaltungen erst vor einiger Zeit in einer Ausstellung gesehen. Und dann bei einem privaten Treffen in geselliger Runde seine provokanten Ansichten zu Tristan-Aufführungen kennengelernt. Wie war noch Rollers Statement gewesen? Man könne den Tristan nur noch von der Bühne abgewendet ertragen! Jetzt ist alles anders.

Reformation des Musiktheaters

"Roller hat gefühlt, dass die Dekoration als Ausdruck der seelischen Stimmung sich erst zeigen darf, wenn durch den szenischen Verlauf das Gefühl des Zuschauers so weit ist, dass es jetzt drängt, sich im Bilde zu sehen." Bahr bringt es auf den Punkt: Was Roller auf der Grundlage der Theaterreformen von Adolphe Appia und Gordon Craig entwickelt hat, ist kein Zuviel, keine Dekoration ohne innere Notwendigkeit mehr. Es ist, was auch Mahler sich schon seit Jahren wünscht: "Die gesamte moderne Kunst hat der Schaubühne zu dienen."

Auf das Zusammenwirken aller Künste kommt es an.
Gustav Mahler

Wie gut, dass die beiden sich gefunden haben. Mahler wird Roller in den nächsten Wochen sogar zum Chef des Ausstattungswesens machen. Er spürt, dass Tristan "nur ein Anfang und ein Hinweis auf die Zukunft ist". Und Mahler hat Recht: Gemeinsam ebnet das Team in den kommenden Jahren mit seinen legendären Inszenierungen den Weg in eine neue Ära des Musiktheaters.

Was heute geschah

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