"Was habe ich Dir getan, dass du mich so behandelst?" - Giacomo Puccini seufzt, als er seinem Sohn Tonio an diesem Apriltag einen verzweifelten Brief schreibt. Der gefeierte Opernkomponist fühlt sich unschuldig - und unverstanden.
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Elvira ist die Schuldige: Puccinis zänkische und krankhaft eifersüchtige Gattin. Sie hat einen Skandal heraufbeschworen, der in ganz Italien zur Sensation wird. Von der "Affäre Doria" berichten sämtliche Zeitungen von Bozen bis Palermo. Ob und was Dienstmädchen Doria mit Hausherr Giacomo wirklich hatte, das wird sich nie ganz klären lassen. "Eine Schlampe, ein Flittchen, eine Hure!", posaunt Elvira überall herum. Dienstmädchen Doria hält den psychischen Druck nicht aus und begeht Selbstmord.
Elvira fühlt sich für Dorias Tod nicht verantwortlich. Sie verlässt Giacomo Puccini, geht nach Mailand und nimmt den gemeinsamen Sohn Tonio mit. Der junge Mann hält zu seiner Mutter. Und das schockiert Giacomo Puccini weitaus mehr, als der Tod des Dienstmädchens. Sein Sohn wendet sich von ihm ab, wegen einer Affäre, die es - nach Aussagen von Giacomo Puccini - nie gab. Über Umwege erfährt Puccini, dass Tonio Italien verlassen hat. "Allen sagst du, dass du nach München fährst! Nur mir nicht. Du tust dir selbst unrecht und mir. Ich habe es nicht verdient! Du hast dich von Aussagen in die Irre führen lassen, die nicht der Wahrheit entsprechen," schreibt Puccini verzweifelt.
Aber Tonio will sich nicht belehren lassen. Für ihn gipfelt das Lotterleben seines Vaters in der "Affäre Doria". Dabei ist es ihm völlig gleichgültig, was wirklich geschehen ist. Um endlich Ruhe zu haben, beschließt Tonio, nach Afrika auszuwandern. Puccini versucht, seinen Sohn davon abzubringen: "Lass um Gottes Willen diese Idee mit Afrika fallen, wo 99 von 100 krepieren! Außerdem hast du nicht die physische Natur für so ein möderisches Klima!" Am Ende geht Tonio nicht nach Afrika. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn bleibt weiterhin getrübt.
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