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Dirigentin Simone Young "Jetzt genieße ich ein neues Leben"

Am 8. Juli dirigiert Simone Young Werke von Chopin und Messiaen in der Meistersingerhalle in Nürnberg. BR-KLASSIK hat mit der Dirigentin über ihre Freiheit als freischaffende Dirigentin und ihre Heimat Australien gesprochen.

Bildquelle: © Berthold Fabricius

BR-KLASSIK: Simone Young, nach zehn Jahren Intendanz und der Position als Generalmusikdirektorin an der Staatsoper Hamburg sind sie jetzt seit einem Jahr freie Dirigentin. Wie haben Sie die vergangenen zwölf Monate erlebt?

Simone Young: Das Leben eines freischaffenden Dirigenten bedeutet wahnsinnig viel Reisen. Was ich jetzt als riesige Befreiung wahrnehme: In meinen Stunden vor und nach den Proben und Konzerten muss ich mich nicht mehr mit administrativen Dingen oder Personalien beschäftigen. Ich darf mich die ganze Zeit nur noch der Musik widmen. Ich genieße jetzt ein neues Leben.

Ein neuer Lebensabschnitt

BR-KLASSIK: Haben Sie denn nach diesem einen Jahr vielleicht schon wieder das Bedürfnis, wieder ein Amt anzunehmen? Vielleicht nicht in der Doppelfunktion Intendanz und Generalmusikdirektorin?

Die Dirigentin Simone Young | Bildquelle: Berthold Fabricius Bildquelle: Berthold Fabricius Simone Young: Das Bedürfnis habe ich gar nicht. Ich genieße das jetzt und habe keine Sehnsucht nach einer festen Stelle. Fragen Sie mich das noch mal in drei, vier Jahren. Vielleicht habe ich bis dahin die Flughäfen und Hotels satt. Ich befinde mich auch in einem neuen Lebensabschnitt. Mein Mann arbeitet nicht mehr. Er ist offiziell Rentner, obwohl er diesen Titel hasst. Meine jüngere Tochter ist schon an der Uni. Wir sind auch etwas freier, herumzureisen. Mein Mann reist jetzt viel mehr mit mir mit, was sehr angenehm ist. Diese Freiheit hatten wir in den letzten 20 Jahren kaum. Ich lese viel mehr. Ich habe Kopf, Platz und Zeit, Kunstausstellungen zu besuchen und über Philosophie zu lesen. Das tut einfach gut.

"Es muss sich lohnen"

BR-KLASSIK: Sie sind Australierin. Was ist in der australischen Mentalität, was Ihnen geholfen hat, den Weg zu gehen, den Sie gegangen sind?

Simone Young: Wir wagen alles. Wir lassen uns nicht scheuen, wenn es heißt: Das geht nicht oder das kann man nicht. Das liegt vielleicht an den wunderschönen breiten Horizonten, die man um sich sieht. Sonnenuntergänge in Australien zu erleben, ist eine philosophische Erfahrung. Es ist eine sehr mit dem Land und mit der Natur verbundene Spiritualität, die man hat, wenn man in diesem Land aufwächst. Es gibt leider viel zu wenig Unterstützung für das kulturelle Leben - weder von der Wirtschaft noch von politischer Seite. Deswegen gibt es jetzt so viele exzellente australische Künstler in Europa. Eines sagt man von uns allen: Wir haben ein tolles Arbeitsethos. Ich war vor kurzem mit anderen australischen Künstlern zusammen in Berlin. Wir waren uns einig: Das Leben in Australien ist wunderschön, und wenn man den Sprung von dort machen möchte, muss es sich auch lohnen.

BR-KLASSIK: Sie als Pionierin, überlegen Sie manchmal zurückzugehen und zu helfen, dass die Kultur in Australien mehr gefördert wird?

Simone Young: Ich mache jedes Jahr eine Konzertreise in Australien und besuche alle großen Symphonieorchester. Dann bin auch entweder mit dem nationalen Jugendorchester oder dem Musikinstitut in Melbourne, der Australian National Academy of Music, eine Woche zusammen. Dort kann ich meine dreißigjährige europäische Erfahrung wieder mit hineineinbringen und hoffe damit, die Leute zu inspirieren. Es kommt dann auch selbstverständlich immer dazu, dass ich über die Kulturpolitik, Finanzierung und so weiter reden muss. Aber es ist, ehrlich gesagt, höchst mühsam, bei diesem Thema weiterzukommen.

Das Gespräch führte Uta Sailer für BR-KLASSIK.

"Liebeslieder"-Konzert in Nürnberg

Freitag, 8. Juli 2016, 20.00 Uhr
Meistersingerhalle Nürnberg

Frédéric Chopin:
Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll, op. 11
Olivier Messiaen:
Turangalila-Sinfonie

Staatsphilharmonie Nürnberg
Dirigentin:
Simone Young
Solistinnnen:
Olga Scheps (Klavier)
Rita Kaufmann (Klavier)

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