Sein Klang war schlank, elegant und sofort fesselnd; sein Spiel war die hohe Kunst der feinen Linie: geschliffen, konturenscharf, schier makellos schön. Als Stanley Gayetzky geboren, machte der Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine unter dem Namen Stan Getz Weltkarriere. Für Swing-König Benny Goodman galt er als der "beste Tenorsaxophonist aller Zeiten".
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Genau das wollte Stan Getz auch selber sein. Ein Höchstmaß an Kontrolle strebte er beim Spielen an. Doch als Person war er anders: ein Vielgesichtiger. Sein Leben war wild und voller Dramen; der Beginn seiner Karriere ein Aufbruch. Mit 16 Jahren lief Getz von Zuhause weg und fing bei dem Posaunisten Jack Teagarden an, der Vormund für den nicht Volljährigen wurde.
Der beste Tenorsaxophonist aller Zeiten
Mit 20 Jahren schrieb er erstmals Jazzgeschichte mit. "Four Brothers" nannte man 1947 den Sound der vier Saxophonbrüder im Orchester von Woody Herman. Einer davon war Stan Getz, der bald danach als Leader eigener Gruppen auszog.
Getz war ein Musiker mit Drive, Stil und Erfolg - doch in ihm brodelte ein komplexer Charakter. Bereits früh nahm er Drogen und kam nie davon los. 1954 überfiel er mit einer Spielzeugpistole eine Apotheke und musste ins Gefängnis. Er hatte fünf Kinder, war zweimal verheiratet, ließ sich zweimal scheiden. Seine zweite Frau schilderte ihn als aufbrausend und gewalttätig ihr und den Kindern gegenüber. Und Musikerkollegen zeichnen das Bild eines unberechenbaren Despoten. Abgründe, Scherben - ein Mensch wie ein Pulverfass. Was für ein Kontrast zu seinen Klängen!
Seine "Bossa Nova"-Aufnahmen aus dem Jahr 1963 mit Kollegen aus Brasilien wurden weltberühmt. So "cool" spielte einer, der im Leben oft keinen kühlen Kopf hatte; und so warm fühlte sich dieses "coole" Spiel an: der Sound eines Musikers voller Gegensätze.
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